Die Domain-Dealer sind dick im Geschäft: Spekulanten spielen virtuelles Monopoly

Professioneller Handel mit Internetadressen ist zum Millionenbusiness geworden. Ein Blick ­hinter die Kulissen eines verschwiegenen Geschäfts, das mitunter kuriose Blüten treibt.

Sie sehen sich als Immobilien­spekulanten des Internets und bleiben gerne unter sich: Domainer. Internetadressen kaufen sie in großem Stil, pflastern die Websites mit Werbung zu und warten auf Surfer, die sich dorthin verirren. Wenn Domainer von Asset-Entwicklung sprechen, meinen sie damit das Einrichten lukrativer Portale, um diese weiterzuverkaufen.

7,5 Mio Dollar für Domains
Das Geschäft rund um Domains gleicht dem Grundstücksmarkt einer virtuellen Version von Monopoly. Für berühmte Internetnamen wie „business.com“ werden schon einmal 7,5 Millionen Dollar bezahlt. Hinzu kommen die Werbeeinnahmen sogenannter „geparkter“ Seiten, die laut Schätzung von Consultern der Susquehan­na Financial Group im Jahr 2007 rund eine Milliarde Dollar erreichten. Internetdienstleister versetzen Websites auf Wunsch mit textabhängigen Links, nachdem diese automatisch kategorisiert und auch gleich mit Text und Bild versorgt wurden.

Von drei auf 160 Millionen in zehn Jahren
Bevorzugt eingekauft werden generische Begriffe, die häufig nachgefragt werden und Laufkundschaft versprechen: Adressen, die Benutzer aufs Geratewohl eintippen, ohne zuvor Google zu konsultieren. Vor zehn Jahren gab es weltweit gerade einmal drei Millionen Domains. Heute zählt Matthew Zook, Associate Professor an der University of Kentucky und Betreiber der Webseite ZookNIC, mehr als 160 Millionen. Aus Sicht vieler Internetnutzer ist dies nicht notwendigerweise eine willkommene Vielfalt, zumal die Werbeseiten vor allem die Ergebnisse der Suchmaschinen verfälschen.

Bis zu 200.000 Domains in einer Hand
Abseits von Auktionen, wo medienwirksame Summen für einzelne Domains hingelegt werden, macht ein Teil der Branche seine Umsätze über die schiere Menge. Das US-Unternehmen Marchex etwa soll an die 200.000 Domains besitzen. Rund die Hälfte davon stammt aus einem einzigen Deal. Ein Software-Entwickler aus dem Silicon Valley soll Marchex 100.000 Sites überlassen haben, gegen ein Entgelt von 164 Millionen Dollar. Auf den Geschmack gekommen, kauft Marchex alles Mögliche ein, darunter Domains mit US-Postleitzahlen, um darauf werbefinanzierte, mit lokalen Infos gefärbte Portale zu verteilen.

Domains zu Testzwecken gepachtet
Für solche Masseneinkäufe wurden bisher Schlupflöcher in den Vertragsbestimmungen ausgenützt: So erstattet die Internet-Aufsichtsbehörde ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) Käufern ihr Geld zurück, wenn diese eine Domain binnen fünf Tagen wieder zurückgeben. Diese Add Grace Period (Gnadenperiode) war eigentlich dazu gedacht, Tippfehler in der Internetadresse nachträglich zu korrigieren. In den letzten Jahren wurden diese fünf Tage von Profis dafür genutzt, den Marktwert einer Adresse auszutesten. Dabei eruierten sie, wie viele Zugriffe die Seite verspricht, und gaben sie bei Nichtgefallen retour.

Vollautomatisiertes Tasting-Verfahren
Besonders gefragt sind kürzlich abgelaufene Begriffe, die noch gut in den Suchmaschinen gereiht sind. „Dort gibt es oft noch einen Resttraffic, der sich verwerten lässt“, erklärt Richard Wein, Geschäftsführer von nic.at, der Vergabestelle von .at-Domains. Der Rest ist eine Milchmädchenrechnung: Übersteigt der zu erwartende Gewinn den Einkaufspreis, wird zugeschlagen. Dieses „Tasting“ genannte Verfahren funktioniert vollautomatisiert. Eine Software übernimmt Anmeldung, Überprüfung und Abstoßung. Hinzu kommen Catcher-Programme, die überwachen, wann Domains auslaufen, um diese, sollte der Besitzer den Zeitpunkt übersehen, rasch wieder zu registrieren.

In Österreich geht es gesitteter zu
Wer seine .at-Domain vor Ablauf eines Jahres kündigen will, muss den Vertrag zumindest bei nic.at schriftlich auflösen. Grace Periods (Gnadenperiode) gibt es nicht. Außerdem verweist Wein auf eine zweimonatige Abkühlungsphase (cool down period), in der die Adresse nicht weiterverkauft wird. Kunden, die auf die Verlängerung vergessen haben, erhalten so einen zusätzlichen Sicherheitspuffer.

Von Alexandra Riegler, USA