Nvidia Shield Android TV im Test

Nvidia Shield Android TV im Test

Nvidias Media-Player bringt nicht nur Android TV und Apps auf den Fernseher, sondern streamt auch „richtige“ Spiele übers Internet.

Streaming-Media-Player wie Amazons Fire TV oder Apple TV (beide in der Dezember-Ausgabe von E-MEDIA getestet) sind eine praktische Sache: Sie bringen Apps, Video-on-Demand-Dienste, Mediatheken und Spiele auf den Fernseher. Und sie eignen sich gut, um ältere TV-Geräte „smart“ zu machen. Mit dem Shield Android TV von Grafikkartenspezialist Nvidia tritt den eingangs genannten Geräten ein weniger bekannter, dafür aber umso vielversprechenderer Konkurrent entgegen. Vielversprechend, da in Shield einer der aktuell schnellsten Mobil-Prozessoren steckt und das Gerät auch sonst nicht mit Ausstattung geizt.

Shield nutzt als Betriebssystem – ebenso wie neuere Smart-TVs von Sony und Philips – Android TV von Google. Viele der dafür verfügbaren Apps und Spiele kennt man schon von Amazons Fire TV, dessen Betriebssystem ebenfalls auf Android basiert. Das Herzstück von Shield ist Nvidias extrem leistungsfähiger Tegra-X1-Quadcore-Prozessor.

Es gibt keinen anderen Streaming-Media-Player am Markt, der schneller ist. Das macht sich in einer absolut ruckelfreien Darstellung bemerkbar und sorgt dafür, dass selbst grafisch anspruchsvolle Android-Spiele flüssig laufen. Außerdem bietet Shield einen HDMI-2.0-Anschluss und unterstützt die 4K-Auflösung, im Gegensatz zu Amazons Fire TV auch mit 60 Bildern pro Sekunde. Ultra-HD-Inhalte findet man z. B. bei Netflix oder YouTube. Ebenfalls unterstützt werden 10-Bit-Farben, HDR-Inhalte (High Dynamic Range), HEVC-Videos, Surround-Sound sowie die Bitstream-Ausgabe von Dolby-TrueHD- und DTS-HD-Sound via HDMI.

Mehr Freiheiten als bei der Konkurrenz

Nvidias Shield ist nicht nur der leistungsfähigste, sondern auch der „offenste“ aller Streaming-Media-Player. Während man bei Amazon und Apple mit zahlreichen Hürden und Einschränkungen konfrontiert ist, bietet Nvidias Kästchen alle Möglichkeiten, die man sich wünschen kann. Zugriff auf USB-Speichermedien – kein Problem. Den Speicher via microSD-Karte erweitern – ebenfalls machbar. Fremde Gamepads, eine Maus, Tastatur oder gar eine Webcam anschließen – auch das geht problemlos.

Selbst die Installation von Apps, die nicht aus dem Play Store stammen, ist möglich. Die Netflix-App und Plex sind vorinstalliert, während man das beliebte Media-Center Kodi, alternative Videoplayer und diverse Mediatheken im Play Store findet. Apps für Maxdome, Amazon Prime Video, Flimmit und Sky Online fehlen hingegen. Da Shield eine Chromecast-Unterstützung eingebaut hat, bekommt man die Inhalte zumindest mithilfe des Smartphones auf den Fernseher. Im Test spielte das schwarze Kästchen alle Videos ohne Probleme ab, egal ob es sich um lokale MKV-Dateien oder hochauflösende Streaming-Inhalte z. B. von Netflix handelte. Was viele andere Streaming-Boxen ebenfalls nicht können: Als Bildwiederholrate lässt sich 24p einstellen, was für eine ruckelfreie Filmwiedergabe sorgt.

Controller dabei

Standardmäßig wird zu jedem Shield ein vollwertiger Spiele-Controller mitgeliefert, eine Fernbedienung gibt es optional. Das signalisiert bereits, dass Nvidia nicht nur Videofans, sondern speziell Gamer im Visier hat. Bei Apple TV unterstützt jedes Spiel die mitgelieferte Fernbedienung, aber nicht zwangsläufig einen optional erhältlichen Controller. Bei Amazon gibt es Spiele, die man mit der Fernbedienung spielen kann und andere, die den optionalen Amazon-Controller voraussetzen. Da jedem Shield ein Controller beiliegt, kann auch jedes Shield-Spiel mit diesem gespielt werden.

Das Steuergerät ähnelt optisch dem Xbox-One-Controller und bietet eine ähnliche Tastenanordnung wie das PlayStation-4-Gegenstück. Es liegt gut in der Hand und sorgt für ein Gameplay-Gefühl wie auf einer Konsole. Zu den verfügbaren Spielen zählen nicht nur typische Android-Titel mit Gamepad-Unterstützung wie „Unkilled“ oder „Crossy Road“, sondern auch einige Shield-exklusive Klassiker wie „Doom 3: BFG Edition“, „Half-Life 2“ und „Portal“.

Viele Gamer wird es außerdem freuen, dass Shield als einziges Medienstreaming-Gerät die Live-Übertragung von Gameplay-Sessions über die Video-Plattform Twitch unterstützt. Ein Mikro, das auch für die Sprachsuche verwendet werden kann, haben sowohl der Controller als auch die Fernbedienung eingebaut.

GeForce Now: netflix für Spiele

Eine weitere an Gamer gerichtete Funktion findet man ebenfalls exklusiv auf Shield: GeForce NOW. Dabei handelt es sich um den ersten hierzulande verfügbaren Cloud-Gaming-Dienst. Man kann ihn sich wie ein „Netflix für PC-Spiele“ vorstellen: Für 9,90 Euro pro Monat erhält man Zugang zu aktuell rund 60 Spielen, die man so oft und so lange spielen kann, wie man möchte. Dazu zählen Highlights wie „GRID: Autosport“, „DiRT Showdown“, drei „Batman“-Teile und diverse LEGO-Ableger. Die meisten verfügbaren Games sind zwei bis drei Jahre alt, doch das Angebot soll kontinuierlich erweitert werden. Einige neuere Titel wie z. B. „The Witcher 3“ können online gekauft werden, woraufhin sie ebenfalls über GeForce NOW zur Verfügung stehen.

Die Spiele werden auf Nvidia-Servern berechnet und mit bis zu 1080p-Auflösung sowie 60 fps zu Shield gestreamt. Da die Bildqualitätseinstellungen in den meisten Spielen auf „hoch“ gesetzt sind, sehen die Titel ähnlich gut bzw. meist sogar besser aus als auf aktuellen Konsolen wie der Xbox One. Nur ganz selten sind leichte Artefakte zu sehen. Voraussetzung für die Nutzung von GeForce NOW ist, dass man eine möglichst schnelle, idealerweise per LAN verkabelte und latenzfreie Internetverbindung hat – Mobilfunkangebote fallen da schon einmal durch. Nvidia empfiehlt für 1080p 50 Mbit/s und für 720p 20 Mbit/s.

Im Test mit einer 75-Mbit-Leitung von Chello funktionierte das Spiele-Streaming problemlos. Es fühlt sich fast schon revolutionär an, einen Titel auszuwählen, wenige Sekunden zu warten, bis er geladen ist, und loszuspielen – ganz ohne teuren PC. Eine Eingabeverzögerung war nur minimal vorhanden und selbst bei schnellen Spielen wie „Ultra Street Fighter IV“ nicht störend. Hardcore-Gamer werden aufgrund der eingeschränkten Spiele-Auswahl mit GeForce NOW nicht glücklich, doch für Gelegenheitsspieler ist der Dienst auf jeden Fall eine Überlegung wert.

Ein weiterer Vorteil: Man muss sich weder mit Treibern noch mit langwierigen Installationen oder zu langsamer Hardware herumschlagen. Falls es Nvidia schafft, genug Spiele-Hersteller mit ins Boot zu holen, könnte sich GeForce NOW eines Tages zu einer vollwertigen Alternative zu klassischen Gaming-PCs und Konsolen entwickeln.

Für PC-Spieler mit GeForce-Grafikkarte (GeForce GTX 660 und höher) hat Nvidia mit „GameStream“ ein weiteres Zuckerl parat: Damit ist es möglich, kompatible Spiele lokal zu Shield zu streamen. Steht der PC z. B. im Arbeitszimmer, kann man die darauf installierten und von Nvidia unterstützten Spiele am großen Fernseher im Wohnzimmer spielen. In diesem Fall berechnet der heimische PC das Spiel, macht daraus einen Videostream mitsamt 5.1-Ton und schickt diesen zu Shield. Installiert man am PC die Beta-Version der erforderlichen „GeForce Experience“-Software, klappt das sogar in Ultra HD.

Das Fazit

Shield ist dank extraflotter Hardware sowie 4K-Unterstützung zumindest in Sachen Technik zukunftssicher und bietet Zusatzfunktionen, die man bei der Konkurrenz vergebens sucht. Ähnlich wie schon bei unserem Fazit im Vergleichstest zwischen Fire TV und Apple TV gilt auch hier: Bei der Kaufentscheidung spielt es eine wesentliche Rolle, woher man seine Inhalte bezieht. Ist man Amazon-Prime-Kunde, bekommt man nur mit Fire TV Zugriff auf die Filme und Serien des Internet-Riesen. Apple-Kunden mit vielen iTunes-Inhalten kommen um Apple TV nicht herum.

Nutzt man jedoch primär Netflix, Kodi oder andere Apps und ist auch dem Spielen nicht abgeneigt, ist Shield ein heißer Kandidat. Der Preis ist zwar höher als bei Apple TV (ab 179 Euro) und Amazon Fire TV (99 Euro), doch in Anbetracht des mitgelieferten Controllers sowie der Ausstattung nicht überzogen. Wo so bekannte Namen wie Google und Nvidia beteiligt sind, ist Potenzial vorhanden. Dennoch besteht die Gefahr, dass Shield nur ein Nischendasein wie Ouya, Boxee und Co beschert ist. Damit das nicht passiert, muss Google seine zeitweise stiefmütterlich behandelte Android-TV-Plattform ausbauen und Nvidia das GeForce-NOW-Spieleangebot deutlich ausweiten.

Nvidia Shield Android TV

➜ Tegra-X1-Quadcore-CPU
➜ Auflösung bis 4K 60 Ultra HD
➜ 3 GB RAM, 16 GB Speicher
➜ HDMI 2.0, 2x USB 3.0
➜ WLAN ac, Bluet., microSD
➜ 210 x 130 x 25 mm, 654 g
➜ Preis: ca. € 200,-

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