Nokia 9 PureView im Test

Nokia 9 PureView im Test

Gleich fünf Kameras sollen beim Nokia 9 PureView für tolle Fotos sorgen. Als Clou lässt sich der Fokuspunkt nachträglich ändern. Ob die Features das Smartphone zum neuen Foto-Champion machen, zeigt unser Test.

Die Fachwelt hat mit dem Nokia 9 noch letztes Jahr gerechnet, auf den Markt gekommen ist das neue Top-Smartphone von HMD Global letztendlich erst vor wenigen Wochen. Der Grund ist die spezielle 5-fach-Kamera, deren Implementierung länger gedauert hat als gedacht. Daher merkt man sowohl optisch als auch von der technischen Ausstattung her, dass der „Newcomer“ – im Vergleich zum Mitbewerb – nicht ganz taufrisch ist.

Konservatives Design

Kamera-Einkerbungen, abgerundete Kanten oder extraschmale Ränder findet man beim Nokia 9 nicht. Die Aufmachung wirkt eher konservativ, ansehnlich ist das Smartphone dennoch. Die Verarbeitung ist sauber – was man jedoch schon nach kurzer Benutzung von der glänzenden Rückseite nicht behaupten kann, denn sie zieht Fingerabdrücke an. Der knapp 6 Zoll große, bei Bedarf sehr helle OLED-Bildschirm liefert kräftige Farben und guten Kontrast. Der Fingerabdrucksensor arbeitet optisch und ist im Bildschirm eingebaut. Er war im Test etwas langsamer als der ebenfalls optisch arbeitende Sensor im Huawei P30 Pro, entsperrte das Handy aber ähnlich zuverlässig.
Immer noch gute Technik

Beim Prozessor bedient sich HMD Global – durch die Verzögerung bedingt – bei Qualcomms Top-CPU aus dem Vorjahr, dem Snapdragon 845. In der Praxis fällt das nicht negativ auf, da auch das 2018er-Modell eine flüssige, ruckelfreie Bedienung sicherstellt. Ebenfalls positiv für die Performance ist das weitgehend unveränderte Android 9, welches hier zum Einsatz kommt. Der 3.320 mAh große Akku, der sich kabellos laden lässt, hielt im Test bei durchschnittlicher Nutzung rund eineinhalb Tage. Bei moderater Nutzung kommt man auch über den zweiten Tag. Auf Kopfhöreranschlüsse wurde beim neuen Flaggschiff verzichtet.

Fünffach-Kamera

Kommen wir zur wichtigsten Funktion: der Kamera – oder besser gesagt den Kameras, von denen es auf der Rückseite gleich fünf gibt. Zwei haben einen Farbsensor, drei einen Schwarz-Weiß-Sensor. Größe und Auflösung sind gleich. Beim Auslösen knipsen die fünf Kameras gleichzeitig fünf Bilder, die anschließend zu einem HDR-Foto verrechnet werden. Diese Mehrfachaufnahme ermöglicht es, den Fokus nachträglich zu ändern, außerdem soll für einen höheren Dynamikumfang gesorgt und bei geringer Helligkeit genug Licht eingefangen werden. Videos profitieren übrigens nicht von den fünf Kameras, da nur mit einer davon gefilmt wird.

Für die Berechnungen benötigt das Handy nach jeder Aufnahme mehrere Sekunden. Man kann zwar weiterfotografieren, doch beim Betrachten der soeben gemachten Aufnahme muss man warten – eine oft nervende Zwangspause.

Bei Tageslicht sehen die Bilder sehr gut aus. Besonders die Farben und der Kontrastumfang sind exzellent. Bei weniger guten Lichtverhältnissen macht sich jedoch schnell Rauschen bemerkbar. Je weniger Licht, desto größer wird der Abstand zu anderen Top-Smartphones – das Nokia 9 ist diesen deutlich unterlegen. Die Bilder von fünf durchschnittlichen Sensoren können eben auch zusammen nicht mit denen eines guten Sensors mithalten.

Die Schärfe lässt sich in einem Untermenü anpassen. Das funktioniert recht gut, erfordert aber mehrere Klicks und zumindest eine kurze Einarbeitung. Viele Einsteiger dürften den entsprechenden Menüpunkt schlicht übersehen. Hinzu kommt, dass es in der Praxis viel öfter vorkommt, dass man beispielsweise mehr Menschen auf einmal aufs Foto bekommen oder weiter entfernte Motive näher heranholen will, als im Nachhinein die Schärfe des Vorder- oder Hintergrunds anzupassen. So gesehen sind Smartphones mit zusätzlicher Weitwinkel- und Tele-Linse der nützlichere Digicam-Ersatz.

Fazit: Das Nokia 9 PureView ist kein schlechtes Smartphone, als Flaggschiff mit Fokus auf Fotografie enttäuscht es dennoch. Die Möglichkeit, nachträglich den Schärfebereich anzupassen, ist zwar nett, in der Praxis weitaus nützlicher wären aber Linsen mit unterschiedlichen Brennweiten und eine höhere Lichtempfindlichkeit. So bleibt es ein Gerät für eine sehr spezielle Zielgruppe, die sich genau dieses eine Feature in einem Handy wünscht.

Nokia 9 PureView

➜ 5,99"-OLED-Display (2.880 x 1.440 P.)
➜ Android 9, LTE, WLAN ac, BT 5.0, NFC
➜ 6 GB RAM, 128 GB Speicher
➜ CPU: 4 x 2,8 & 4 x 1,8 GHz (SDM845)
➜ Kameras: 5 x 12 Mpx (h.), 20 Mpx (v.)
➜ USB Typ C, In-Display-Fingerprint, IP67
➜ 155 x 75 x 8 mm, 172 g
➜ Preis: ca. € 600,-

  test