Bowers & Wilkins PI7 im Test

Bowers & Wilkins PI7 im Test

Wenn die namhafte englische Nobelmarke Bowers & Wilkins erstmals True-Wireless-Earbuds auflegt, werden High-End-Ohren hellhörig. Zu Recht, wenn es um den Sound geht – die Software hingegen ist wie der Eurotunnel: unterirdisch.

Was unterscheidet audiophile Kopfhörer vom „Mainstream“? Für Audiophile soll Musik im Wesentlichen so klingen, wie sie das Studio verlassen hat. Viele Konsumenten haben jedoch lustvoller inspirierte Hörgewohnheiten und wünschen sich etwa verstärkte Bässe. Hersteller statten daher ihre Kopfhörer mit Klangcharakteristika aus, die zwar beeindruckend klingen mögen, es mit der audiophilen Klangtreue aber nicht so genau nehmen. Das eine wie das andere ist weder besser noch schlechter, sondern einfach eine Geschmacksfrage.

True-Wireless-Premiere

Bowers & Wilkins genießt in der audiophilen Community einen ausgezeichneten Ruf, die Erwartungen an die neuen PI7 sind also entsprechend hoch. Erste Gehversuche in neuen Segmenten gehen jedoch häufig mit Kinderkrankheiten einher – und das trifft auf die PI7 leider mehr zu als auf alles andere, das ich jüngst am beziehungsweise im Ohr hatte.

Der Ärger beginnt, ehe der erste Ton erklingt. Das liegt zum einen daran, dass ich den an der Vorderseite des für True-Wireless-Ohrhörer charakteristischen Ladeetuis platzierten Knopf fälschlicherweise für den Pairing-Knopf halte. Mein Fehler. Doch auch nach Betätigung des richtigen Knopfes unter dem viel zu leicht zuklappenden Etuideckel ist nicht alles klar – im Blue­tooth-Menü des Handys erscheinen manchmal zwei, manchmal sogar drei Bowers-&-Wilkins-Produkte.

Nach einigen Pairing-Fehlversuchen poppt ein Verbindungsmenü auf, endlich haben sich die beiden Geräte lieb. Die für Bluetooth-Devices obligato­rische App findet die PI7 erst nach gefühlten zehn Versuchen, obschon die Ohrhörer längst mit meinem Note 20 verbunden sind. Rezensionen im Play Store legen nahe, dass ich nicht der Einzige bin, den das zur Weißglut treibt.

Zum Musikhören selbst ist die App zwar nicht elementar wichtig, wie viele Außengeräusche über die vier exzellenten Mikros ins Ohr durchgeschliffen werden, ist allerdings nur in der App einzustellen.

Gehört gehört!

Der herausragende Klang lässt mich die anfänglichen Zores kurz vergessen: Der Sound wirkt trotz der hohen Klangtreue nicht zu analytisch und lässt richtig Freude aufkommen, die allerdings häufiger von kleinen Aussetzern getrübt wird, als mir lieb ist.

Ein neues Feature erregt meine Aufmerksamkeit: Das Ladecase kann – mit den passenden Kabeln im Lieferumfang – auch als Bluetooth-Sender eingesetzt werden. So sollen die PI7 selbst mit Geräten zusammenarbeiten, die über kein Bluetooth verfügen. Mit meinem Laptop funktioniert das ganz gut, wobei ich die PI7 auch direkt via Bluetooth hätte verbinden können. Dort, wo dieses Feature tatsächlich interessant wäre, ist das Ergebnis leider ernüchternd: Vom (intakten) Kopfhöreranschluss meines 80er-Jahre-Yamaha-Stereoverstärkers dringt Audio-Content nur verzerrt in meine Ohren.

Bleibt zu hoffen, dass der Hersteller bestehende Ärgernisse via Software­updates ausräumt, ehe sich Konsumenten enttäuscht abwenden, die in Erwartung makelloser britischer Ingenieurskunst knapp 400 Euro auf den Tisch gelegt haben.

Fazit: Immer häufiger verfolgen Hersteller elektronischer Geräte die Strategie, Produkte lieber schneller auf den Markt zu bringen und dann mit entsprechenden Updates nachzubessern – nun offenbar auch Bowers & Wilkins. Mit den PI7 machen die Briten in der Kernkompetenz Sound sowie bei Ein­gabehaptik, Material und Verarbeitung alles richtig. Geht es allerdings um Verlässlichkeit und Bedienkomfort der Software, Laufzeit oder Reichweite, gibt es reichlich Luft nach oben. Insofern lautet das Testurteil (frei nach Queen Victoria): We are not amused. Für weniger puristisch veranlagte Musikenthu­siasten sind die PI7 aufgrund ihrer zugunsten der Klangtreue eher zurückhaltenden Basswiedergabe ohnehin nur bedingt zu empfehlen – die sind etwa mit Sonys WF-1000XM4 besser beraten, welche neben knackigen Bässen und potentem Noise Cancelling die doppelte bis dreifache Laufzeit zu bieten haben und auch ein deutlich kleineres Loch ins Börsel reißen.

Bowers & Wilkins PI7

➜ True-Wireless-Ohrhörer mit Active Noise Cancelling (ANC)
➜ Bluetooth 5.0, aptX (Adaptive, HD, Low Latency, Classic), AAC, SBC
➜ Frequenzgang: 10–20.000 Hz
➜ Bis zu 20 Std. Laufzeit (4 + 16 Case)
➜ Ladecase mit Audio-Streaming
➜ Gewicht: Earbuds 7 g, Ladecase 61 g
➜ Preis: ca. € 400,–

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