Harman Kardon Citation 200 im Test

Harman Kardon Citation 200 im Test

Der portable Smart-Speaker Citation 200 ist eine Augenweide und scheint auch technisch alle Stückeln zu spielen. e-media wollte wissen, wie sich die Harman-Kardon-Box in der Praxis und beim Soundcheck macht.

Wenn man seit fast 20 Jahren tagtäglich mit allerlei Gerätschaft aus der Welt der Computer- und Unterhaltungselektronik zu tun hat, liegt die Begeisterungslatte ziemlich hoch. Doch schon beim Auspacken des tragbaren Smart-Speakers Harman Kardon Citation 200 konnte ich mir ob des Anblicks ein „Wooooow!“ nicht verbeißen. Mag sein, dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt, aber …

Cooles Design, gute Technik

Bei der Formgebung setzt Harman Kardon auf skandinavisches Industriedesign. Somit wurde beim zylindrischen Klangkörper auf jeglichen Firlefanz verzichtet. Der Lautsprecher ist in hochwertigen, wahlweise grauen oder schwarzen Stoff gehüllt, der schmutzabweisend, schwer entflammbar und dank spezieller Beschichtung leicht zu reinigen ist. Auf der Oberseite aus silbermattem Aluminium befinden sich lediglich fünf kleine Bedientasten und eine Statusanzeige mit Miniatur-LEDs. Der absolute Eyecatcher ist allerdings die große Schlaufe – die manch jemanden eher an ein schickes Beautycase als an einen Speaker denken lässt –, dank der man den knapp 3 Kilo schweren Citation 200 recht einfach dorthin transportieren kann, wo die Musik­berieselung stattfinden soll.

Auch auf den Balkon oder in den Garten zum Pool, denn der Speaker hat einerseits einen Akku verbaut, der bis zu acht Stunden Musikwiedergabe ermöglicht, und ist andererseits unempfindlich gegen Wasserspritzer oder Regentropfen (IPX4-Standard). Zum Laden wird der Citation 200 einfach auf den kompakten Charger gestellt, der den Akku in drei Stunden von 0 auf 100 Prozent bringt. Über den USB-C-Anschluss auf der Rückseite lässt sich der Lautsprecher auch unterwegs problemlos laden.

Die Musikübertragung zum Speaker erfolgt grundsätzlich via WLAN. Befindet sich der Aufstellort außerhalb dessen Reichweite, wählt man für den Musiktransport einfach Bluetooth. Der Citation 200 ist multiroomfähig, kann also mit anderen Citation-Lautsprechern zu einem Audio-Heimsystem oder mit einem zweiten 200er zum Stereo-Paar verbunden werden. Und als Krönung der Smartness wurde der Speaker mit KI des Google Assistant ausgestattet, womit er auch per Sprachbefehl gesteuert werden kann. Wer keine Lust hat, permanent belauscht zu werden, dreht die Mikrofone hinten am Gerät ab. Eine dezente LED-Anzeige auf der Frontseite lässt den Mikro-Status erkennen.

Frustrierendes Handling

Als Angehöriger jener Gattung, die Bedienungsanleitungen grundsätzlich nicht benötigt, schalte ich den Speaker zum ersten Mal ein. Die Statusanzeigen für Power und WLAN leuchten. Sehr gut. Nun einfach die Hersteller-App am Handy installieren, und schon kann’s losgehen. Doch es existiert keine solche App. Komisch. Also aktiviere ich Bluetooth am Speaker, welches prompt vom Smartphone erkannt wird. Allerdings verweigert dieses eine Koppelung. Zudem erscheint ein Hinweis, dass es für diesen Vorgang eine Software braucht. Demütig durchsuche ich die Lautsprecher-Verpackung und finde bald ein 40-seitiges Schriftwerk, auf dessen Umschlag in großen Lettern und vier Sprachen BITTE ZUERST LESEN steht.

Schnell stellt sich heraus, dass zur Inbetriebnahme des Speakers entweder die Google-Home-App oder Apple AirPlay 2 erforderlich ist. Die anfängliche Euphorie ist dahin. Wer also kein iPhone oder iPad hat, muss eine Smart-Home-Verwaltungssoftware installieren, um Musik wiederzugeben. Und selbst das stimmt nicht ganz, denn die Google-App hat keinen integrierten Player – hierfür eignet sich jedoch jeder der am Handy vorinstallierten.

Da hilft kein Jammern – App herunterladen und den Citation 200 einrichten. Da ich als Android-User bereits ein Google-Konto habe, kann ich gleich dieses verwenden. Als Nächstes wählt man ein „Zuhause“ für den Speaker und anschließend „Hinzufügen“. Sobald der Speaker erkannt wurde, fragt Google, ob man zur Verbesserung des Citation beitragen will – sprich: sein Privatleben mit Google teilen.

Als Antwort wird allerdings auch ein „Nein, danke“ akzeptiert. Gibt man danach den erfragten Standort für den Speaker ein (Wohnzimmer, Küche etc.), erfolgt endlich die Einbindung ins WLAN. Danach ist aber keinesfalls Schluss. Die App verlangt, sich bei Google Assistant anzumelden, der KI zu erlauben, die eigene Stimme zu erkennen, die Wohnadresse zwecks Verbesserung der Google-Dienstleistungen anzugeben … Irgendwo bei Schritt 11 lassen sich dann bevorzugte Musik- und Videodienste wie Spotify oder Netflix hinzufügen. Im 15. Einrichtungsschritt ist der Speaker nach einem laut ausgesprochenen „Okay Google“ endlich einsatzbereit.

Das Erste, was ich daraufhin mache, ist, die Mikros auszuschalten. Die Kontroll-LEDs signalisieren, dass Big Brother nicht mehr mithört. Kurz danach ertönt aus der Box eine Frauenstimme mit dem Hinweis: „Dein Mikrofon ist übrigens stummgeschaltet. Drücke den Knopf …“ Irgendwie ist mir die Lust am Musikhören vergangen.

Phänomenales Klangerlebnis

Passend zum zuvor Durchgemachten wähle ich als ersten Song Michael Jacksons Thriller – und bin bereits ein paar Takte später wirklich „gethrillt“. Dass die Kombination aus 25-mm-Hoch­töner und 120-mm-Woofer ein derart detailreiches, ausgeglichenes und volles Klangbild zustande bringt, hat mich sehr positiv überrascht. Auch Stevie Wonders Superstition, Stiletto von Billy Joel oder Stanley Jordans Interpretation von Eleanor Rigby erfordern keinerlei Korrekturen. Einzig Jethro Tulls Locomotive Breath hätte etwas druckvoller rüberkommen können. Dieses „Manko“ ließe sich mittels Equalizer ausbügeln, doch den sucht man beim Citation 200 vergebens. Lediglich Bass und Treble lassen sich mittels Tastenkombination in vier Stufen direkt auf der Box anpassen. Ansonsten kann dort nur noch die Lautstärke reguliert und die Wiedergabe angehalten bzw. fort­gesetzt werden. Eine Skip-Funktion, um das nächste Lied anzuspielen, fehlt hingegen.

Der Hersteller wirbt zwar mit dem Zugriff auf über 300 Musik-Streaming-Dienste, jedoch geht das nur via Google Cast – eine weitere Technologie des IT-Giganten. Dafür dann aber auch in HD – sofern vom Dienst angeboten.

Fazit: Design und Sound des Citation 200 sind zweifelsohne einzigartig und beeindruckend. Dafür ist das Handling fast schon eine Zumutung. Hier sollte sich Harman Kardon von Smart-Speaker-Primus Sonos was abschauen und eine hauseigene App mit Player, Equalizer und Streaming-Features bereitstellen. Daher leider nur 3,5 Punkte.

Harman Kardon Citation 200

➜ Portabler Smart-Speaker
➜ 50 W RMS, 40 Hz–20 kHz, HD-Sound
➜ WLAN ac, Bluetooth 4.2, Apple AirPlay 2, Google Cast, Google Assistant
➜ Bis zu 8 Stunden Wiedergabezeit
➜ 4.800-mAh-Akku (3 Std. Ladezeit), Netzbetrieb, USB Typ C
➜ 178 x 219 x 172 mm, 2,85 kg
➜ Preis: ca. € 300,–

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