Apple iPhone X im Test

Apple iPhone X im Test

Mit dem iPhone X hat Apple nach Jahren des Stillstands sein Smartphone-Design rundum überarbeitet. Das längliche Display hat besonders schmale Ränder, der Home-Button ist weg und das Entsperren erfolgt jetzt mittels Gesichtserkennung.

Vor zehn Jahren erschien das erste iPhone. Zum runden Jubiläum wollte Apple seinen treuen Fans etwas Besonderes liefern und hat das iPhone grundlegend überarbeitet – herausgekommen ist das iPhone X („zehn“). Es soll die Basis für die kommenden zehn Jahre darstellen. Der Bildschirm füllt nun fast die komplette Vorderseite aus und der Home-Button ist verschwunden. Bei der Bedienung setzt Apple verstärkt auf Wischgesten. Wie gut man damit klarkommt und was das Gerät sonst noch zu bieten hat, haben wir uns ganz genau angesehen.

Designtechnisch legt Apple ordentlich vor. Der 5,8 Zoll große OLED-Bildschirm ist ein absoluter Blickfang. Das iPhone X wirkt äußerst edel und hochwertig verarbeitet – etwas anderes hätten wir uns von Apple auch nicht erwartet. Die Größe ist genau richtig, man kann das Gerät gut mit einer Hand bedienen und bekommt dennoch viel Bildschirminhalt geboten. Ganz so schmal sind die Displayränder dann doch nicht, denn der schwarze Rahmen und das abgerundete silberne Metallgehäuse kaschieren den rund 4 mm breiten Rand recht gut. In der Tat erinnert das iPhone X ein wenig an das allererste iPhone, nur eben mit einer fast vollständigen Bildschirm-Vorderseite. Oben ragt eine unschöne Kerbe ins Bild, in der sich die „TrueDepth“-Kamera befindet. Die Kerbe ist ein Fremdkörper im ansonsten symmetrischen Design und stört auch in diversen Apps, die im Vollbild angezeigt werden. Ebenfalls nervig ist, dass der Akkustand in der nun schmäleren Statusleiste nicht mehr in Prozent angezeigt wird – für den genauen Wert muss man zum „Control-Center“ wechseln.

Es ist das erste Mal, dass Apple in einem iPhone einen OLED-Bildschirm verwendet. Dieser stammt von Samsung und liefert einen hohen Kontrast sowie satte Farben. Auch die Helligkeit ist sehr gut. Aber: Das iPhone X ist, wie Stiftung Warentest festgestellt hat, aufgrund seines großen Bildschirms und der Glasrückseite das zerbrechlichste iPhone aller Zeiten. Den Falltest bestand es im Gegensatz zu anderen iPhone-Modellen nicht, weshalb man sich gleich auch eine passende Schutzhülle dazukaufen sollte.

Die zuvor angesprochene TrueDepth-Kamera dient zum Entsperren – einen Home-Button mit integriertem Fingerabdrucksensor gibt es nicht mehr. Die Kamera erstellt ein 3D-Modell des Gesichts und sorgt dafür, dass sich das Handy automatisch entsperrt, sobald es von seinem Besitzer angesehen wird. Das funktionierte im Test meist zuverlässig und äußerst schnell. Probleme können jedoch Sonnenbrillen oder Schals machen. Die Kamera erfordert einen freien Blick aufs Gesicht und speziell auf die Augen. Nach dem automatischen Entsperren via Gesichtserkennung ist noch eine Wischgeste notwendig, erst danach landet man auf dem Homescreen. Schade ist, dass sich nur ein Gesicht speichern lässt.

Gestengewirr statt Home-Button

Viel größer ist hingegen die Zahl der Wischbewegungen, die sich Nutzer merken müssen. Um aus einer geöffneten App zum Home-Bildschirm zurückzukehren, muss vom unteren Bildschirmrand nach oben gewischt werden. Verweilt man dabei mit dem Finger kurz auf dem Bildschirm, öffnet sich die Übersicht der geöffneten Apps. Über eine horizontale Wischgeste am unteren Rand wird zwischen der aktuellen und der vorigen App geswitcht. Zum „Control-Center“ gelangt man durch einen Wisch von rechts oben nach unten. Wer mittig oder links nach unten wischt, landet in der Mitteilungszentrale. Mit der Zeit gewöhnt man sich an die Gesten, doch hat das Jubiläumsmodell dadurch Intuitivität eingebüßt. Mit dem Home-Button gab es keine Anlaufprobleme, die Wischbewegungen hingegen benötigen zunächst eine Anleitung und sind nicht ganz so bequem wie ein einfacher Tastendruck. Ähnliches gilt fürs Ausschalten. Drückt man die rechte Seitentaste länger, öffnet sich Siri. Erst wenn die Taste gemeinsam mit einer der Lautstärketasten gedrückt wird, gelangt man zum Ausschaltmenü.

iPhone X: 8er mit gewissen Vorzügen

Von der restlichen Technik her ähnelt das iPhone X den bereits getesteten 8er-Modellen. Unter der Haube ist ebenfalls der aktuell schnellste Smartphone-Prozessor verbaut. Rein von der Performance her ist Apples neues Flaggschiff ungeschlagen, was sich sowohl in Top-Benchmarkwerten als auch in einer zügigen und ruckelfreien Darstellung von Apps und Spielen bemerkbar macht. RAM und Speicher entsprechen dem iPhone 8 Plus, heißt: Auch hier bekommt man 3 GB RAM und hat die Wahl zwischen 64 und 256 GB Speicher. Die Dualkamera wurde für das „Zehner“ verbessert – das Tele-Objektiv ist nun etwas lichtempfindlicher und besitzt einen optischen Bildstabilisator. In Summe gehört die iPhone-X-Kamera zu den besten im Smartphone-Bereich. Ebenfalls an Bord ist die Unterstützung für schnelles sowie kabelloses Laden. Weniger schön ist, dass nur ein gewöhnliches Netzteil mitgeliefert wird und man ein stärkeres Schnellladenetzteil sowie ein passendes Kabel extra kaufen muss. Die Akkulaufzeit war im Test solide. Ein Tag mit zwei bis drei Stunden Surfen, einer Stunde Telefonieren und regelmäßigen Mails-Checks war problemlos drin. Bei sehr sparsamer Nutzung hält das iPhone eineinhalb bis zwei Tage durch.

Komplett neu ist die TrueDepth-Frontkamera. Sie eröffnet mit ihrer 3D-Abtastung neben der Entsperrfunktion weitere Einsatzmöglichkeiten. Dazu zählen die witzigen „Animojis“ – Emojis, die die eigenen Gesichtsbewegungen nachahmen und etwa als Video verschickt werden können. In Zukunft werden sicher mehr Apps von der 3D-Abtastung Gebrauch machen.

Unverhältnismäßig teuer

Mit 1.149 Euro für die 64-GB-Version erklimmt Apple mit dem iPhone X neue Preisgipfel. Das Problem: Abgesehen von der TrueDepth-Kamera und den damit einhergehenden Funktionen kann man mit dem iPhone X nichts tun, was nicht auch mit dem iPhone 8 bzw. dem 8 Plus ginge. Apple-Fans mit einem Hang zu teuren Statussymbolen stehen dennoch wieder Schlange. Alle anderen bekommen auch um deutlich weniger Geld ein gutes Smartphone. Besonders eklatant wird der Preisunterschied, wenn man einen Blick ins Android-Lager wirft. Das technisch ähnlich gute und ebenfalls mit einem fast rahmenlosen 5,8-Zoll-Display ausgestattete Samsung Galaxy S8 bekommt man aktuell um 580 Euro – das ist gerade einmal die Hälfte. Mit einer derartigen Preisgestaltung rückt das neue iPhone wieder stärker ins Luxus-Eck, wo man einen Großteil der Summe für das Hersteller-Logo auf der Rückseite und die „Seht her, was ich mir leisten kann“-Botschaft hinlegt.

Fazit: Apple hat mit dem iPhone X ein spannendes Stück Technik entwickelt, das in vielen Bereichen zu aktuellen Smartphone-Flaggschiffen aufschließt (Stichwort schmaler Bildschirm, kabelloses Laden, Wasserschutz) und mit der TrueDepth-Kamera sogar eine Neuerung bietet. Es gibt aber auch diverse Punkte, die stören. Der Kopfhöreranschluss ist schon zuvor wegrationalisiert worden. Die Kameraleiste oben im Bild sieht einfach nicht schön aus. Ja, man gewöhnt sich daran, aber das macht diese fragwürdige Design-Entscheidung nicht besser. Und so gut Face ID auch funktioniert, so gibt es doch regelmäßig Situationen – wie z. B. im Kino oder bei Besprechungen –, in denen es stört, dass man das Handy nicht schon beim Herausziehen aus der Hosentasche entsperren und einen unauffälligen Blick darauf werfen kann, sondern es erst anschauen und per Wischgeste entsperren muss. Die positiven Punkte überwiegen, was das iPhone X insgesamt zu einem guten Smartphone macht. Aber ist es den Preis auch wert? Nein, definitiv nicht.

Apple iPhone X

➜ 5,8-Zoll-OLED-Display (2.436 x 1.125 P.)
➜ iOS 11, LTE, WLAN ac, BT 5.0, NFC
➜ 3 GB RAM, 64 GB Speicher
➜ CPU: 2,39 GHz Hexa-Core (A11 Bionic)
➜ 2x-12-Mpx-Hauptkamera, 7-Mpx-Frontkamera
➜ Face ID, IP67, kabellose Ladefunktion
➜ 143,6 x 70,9 x 7,7 mm, 174 g
€ 1.149,–

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