Mozilla erwägt, Mail-Software loszuwerden:
Thunderbird frisst viele Firefox-Ressourcen

Mozilla-Chefin Mitchell Baker hat die Weiterentwicklung des Mail-Clients Thunderbird unter dem Dach der Mozilla-Foundation in Frage gestellt. In ihrem aktuellen Blogeintrag bekennt sich Baker zwar zur ursprünglichen Absicht der Foundation, neben dem Webbrowser auch einen alternativen E-Mail-Client zu entwickeln. Der zunehmende Fokus auf Firefox sei der Weiterentwicklung von Thunderbird aber nicht zuträglich, so Baker.

Um das Potenzial des Mail-Programms besser auszunützen, schlägt sie die Gründung einer neuen Stiftung oder einer Unterorganisation vor, die sich ab sofort ausschließlich auf das Thunderbird-Projekt konzentrieren soll.

Innovationsgetrieben oder profitgeil?
Baker macht drei konkrete Vorschläge, wie das Thunderbird-Projekt in Zukunft weitergeführt werden kann. Die Gründung einer eigenen Thunderbird-Foundation mache allerdings nur Sinn, wenn Thunderbird in der Lage sei, ähnlich profitabel wie Firefox zu werden. Diese Argumentation hat der Mozilla-Chefin prompt den Vorwurf eingehandelt, dass Mozilla nicht mehr an der Verbesserung des Internets im Allgemeinen interessiert sei, sondern vielmehr die Profitabilität seiner Produkte in den Mittelpunkt rücke. Firefox finanziert sich unter anderem durch die standardisierte Einbindung von Google und anderen Suchanbietern sowie Kooperationen mit eBay und weiteren Internet-Dienstleistern.

Breite öffentliche Diskussion geplant
Eine weitere Option sieht vor, dass Mozilla das Thunderbird-Projekt in einer eigenständigen Unterorganisation von Mozilla weiterbetreut. "Das würde letztendlich aber dazu führen, dass Thunderbird innerhalb der Mozilla-Aktivitäten Ressourcen zugeteilt bekommt und wie bisher womöglich zu kurz kommt", so Baker. Ein weiterer Vorschlag von Baker sieht vor, das Thunderbird-Projekt wie den Nachfolger des ursprünglichen Mozilla-Browsers, SeaMonkey, als Community-Projekt weiterzuführen. Die Entscheidung, was mit Thunderbird in Zukunft passieren soll, will Baker erst nach einer breiten öffentlichen Diskussion zusammen mit den anderen Mozilla-Verantwortlichen treffen.

Schritt für Schritt zum Hinkebein
Seit der Veröffentlichung von Firefox 1.5 ist die Entwicklung der dazu gehörigen Thunderbird-Version immer schleppender verlaufen. Während Thunderbird 1.5 noch sechs Wochen nach dem Browserrelease das Licht der Welt erblickte, verzögerte sich die Freigabe bei Version 2.0 schon um sechs Monate. Mozilla erklärte die Verzögerung stets mit dem Umstand, dass für die finalen Testprozesse bei Firefox und Thunderbird dieselben Ressourcen verwendet werden. Noch Anfang dieses Jahres hatte Mozilla-Europe-Präsident Tristan Nitot betont, dass Firefox und Thunderbird eine Menge Gemeinsamkeiten aufweisen und entsprechend voneinander profitieren. Ein Kommentar aus der europäischen Hauptzentrale zu den Ausführungen Bakers steht bisher noch aus. (pte/red)