Austro-Marke Lomo wird global: Kultlabel verspricht erste Digicam für Herbst 2004

Nach dem Start mit einer russischen Steinzeit-Kamera setzt die Lomographische AG ihren internationalen Siegeszug jetzt mit schrägen Digitalkameras fort. Die Marke wird global. Während seine Freundin Sally noch schläft, setzt Matthias Fiegl Frühstückskaffee auf. Jüngst hat der Wirtschaftsstudent mit seinem Kumpel Wolfgang Stranzinger ein Dutzend Fotoapparate der russischen Marke LOMO (Leningradskoje Optiko Mechanitscheskoje Objedinienie) nach Österreich geschmuggelt und im Freundeskreis reges Interesse dafür vorgefunden. Spaßhalber haben Fiegl und Stranzinger den Verein "Lomographische Gesellschaft" für Fans der technisch veralteten Kleinkamera mit der verwischten Bildgestaltung und der unrealistischen Farbgebung ins Leben gerufen.

Das war 1994. Seither hat die ein Jahr später gegründete Lomographische Aktiengesellschaft sage und schreibe zwei Millionen Kameras verkauft. Allein im Jahr 2003 waren es 235.000 Stück. Die Fotoapparate werden weltweit in 2.000 Outlets, vorwiegend in Buchhandlungen, Designläden und Museumsshops wie etwa jenem im Wiener MuseumsQuartier, feilgeboten.

Erste digitale Lomo
Jetzt folgt der nächste Meilenstein in der ungewöhnlichen Geschichte des einzigen österreichischen Kameraherstellers, den Fiegl und Stranzinger einst ohne einen Schilling Eigenkapital gründeten: Im Oktober kommt die erste digitale Lomo auf den Markt, 250 Euro teuer, drei Millionen Megapixel stark und in der Handhabung ähnlich simpel wie die aus den Sechzigern stammende St. Petersburger Ur-Lomo. Stranzinger: "Wir starten mit einigen zehntausend digitalen Geräten. Das Potenzial ist gewaltig."

Weltmarke
Inzwischen scheint der Aufstieg der Lomos zur Weltmarke nicht mehr zu stoppen: Mitte Juli hat der Lomographische Weltkongress im Sonnentempel des Ritan-Parks in Peking internationale Aufmerksamkeit erregt. Etwa mit einer gemeinsam mit BMW präsentierten, aus 60.000 Bildern bestehenden, 200 Meter langen Fotowand. Das chinesische Wirtschaftsmagazin "World Manager" hat die Marke Lomo gar unter die hundert bedeutendsten Brands der Welt gewählt - noch vor Lego, Hermès und H&M.

Schnappschuss als Lebensstil
Beim Einstieg ins digitale Zeitalter der Fotografie setzt die multikulturelle Lomo-Familie (Fiegl und Stranzinger sind mit zwei im Management tätigen ägyptischen Schwestern liiert, die dritte Schwester besorgt die Pressearbeit) ganz auf den Trick mit dem Kult: Die Company erklärt den Schnappschuss zum Lebensstil, und das fortan weltweit.

Action Sampler
Das bisher erfolgreichste Produkt der Lomographen ist die Plastikkamera "Action-Sampler", die mit vier Aufnahmen auf einem Foto die Kurzfilm-Idee vorweggenommen hat. 1,5 Millionen Mal ist sie über den Ladentisch gegangen. Dagegen bringt die einst im Kofferraum eingeschmuggelte, 200 Euro teure Ur-Lomo mit KGB-Flair schon jetzt nur noch ein Viertel des Umsatzes.

Alle Infos zum Lomo-Kult finden Sie in FORMAT 30/2004!