Web statt Kino: Auch in Österreich segeln Film-Piraten

Gegen das, was da anbraust, war die Musiktauscherei im Internet nur ein zartes Mailüfterl. Filmklau im Web - da wächst sich etwas zum Orkan aus. Am Schulhof, in der Arbeit, im Kegelklub. CDs und DVDs wandern seit neuestem von Hand zu Hand wie Visitenkarten oder das neue Mickeymaus-Heftl.

Beispiel "Was das Herz begehrt": Der neue Blockbuster mit Jack Nicholson (zeigt in dem Film seinen blanken Hintern) erobert eben jetzt unsere Kinos. Tausende Österreicher haben den Lacherfolg schon vor vier Wochen gesehen. Daheim. Am Fernseher.

Filmkopien aus dem Internet sind der Renner der Stunde. Aus dem Web wird gestohlen, was aktuell im Kino läuft, was erst Monate später auf die Leinwand kommt, was es nicht einmal noch im Entferntesten auf DVD gibt.

Volkssport Filmklau
Im Vorjahr wurden allein in Österreich zwei Millionen Filme aus dem Internet geklaut. Schon 230.000 Österreicher, damit fast eine Viertelmillion, gestehen offen: "Ja, wir laden neue Hollywood-Streifen vorab aus dem Web."

Und sie sind damit in schlechter Gesellschaft. Denn wie früher bei der Musiktauscherei werden jetzt im Internet Filme illegal downgeloadet, dass die Bits und Bytes nur so glühen - staunen Sie einmal, was allein im deutschsprachigen Web jetzt so abgeht:

  • 33 Prozent Plus: Die Zahl der Filme, die im Web geklaut werden, explodiert geradezu. Allein 2003 wurden in Österreich um 33 Prozent mehr Kinohits aus dem Internet geholt als noch ein Jahr zuvor.
  • 28 Prozent Plus: Logische Folge: ein neuer Rekord bei gebrannten Filmen. Um 28 Prozent legte die Zahl der Streifen zu, die auf CD oder DVD gespeichert wurden. Experten errechneten, dass allein in Österreich im Vorjahr 4,6 Millionen Filme auf Datenträger gebrannt wurden.
  • 56 % aus Tauschbörsen: Quelle Nummer 1 der Filmfreaks: klar, das Internet. In den Urzeiten der Privatpiraterie wurde wenigstens noch die Original-DVD, das Original-VHS-Band gekauft oder aus der Videothek geholt und dann kopiert. Jetzt geht das von daheim aus und quasi ohne einen einzigen Euro Kosten. Der Film wird illegal aus dem Web geladen und dann für Freunde, Arbeitskollegen, Verwandte gebrannt.

Schon 53 Prozent aller kopierten Filme wurden vorher illegal aus dem Internet downgeloadet.

Milliarden-Verluste für Filmindustrie
Für die Filmunternehmen ein Desaster. Denn sie verlieren zahlendes Publikum fürs Kino und können mit ihren (in der Regel sechs Monate nach dem Kinostart erscheinenden) DVDs keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken.

Geschätzte 3,5 Milliarden Dollar gehen der Industrie so durch die Finger. Allein in Deutschland (für Österreich liegen keine Zahlen vor) beläuft sich die Umsatzeinbuße pro Jahr auf satte 800 Millionen Euro.

Und ein Ende der Fahnenstange scheint nicht in Sicht zu sein. Denn noch ist den Filmemachern kein Dreh eingefallen, wie man der Klauerei einen Riegel vorschieben könnte. Zumal es sich häufig um eine hausinterne Geschichte handelt.

77 Prozent der Filme, die ins Netz gelangen, werden von Insidern dorthin gestellt. Sprich: Mitarbeiter von Werbeagenturen, Presswerken, Filmstudios, PR-Firmen, Kopierwerken, letztendlich sogar Oscar-Juroren hantieren allzu sorglos mit ihren Mustern - und diese landen dann flugs im Web.

Von der Leinwand ins Netz
Gegen eine andere Form des Filmklaues ist Hollywood freilich machtloser: gegen das Abfilmen von neuen Kassenhits direkt von der Kinoleinwand.

Egal ob Los Angeles oder Wien-Simmering. Immer öfter marschieren Fans nicht allein mit Popcorn in den Kinosaal, sondern mit ihrem Camcorder. Und der läuft mit, während sie sich die Filmpremiere auf Großformat und in Dolby Surround reinziehen.

Die Camcorder-Movies werden kostenlos auf Tauschbörsen gestellt - und so illegal einem Millionenpublikum zugänglich gemacht.

Weitere Infos finden Sie in E-MEdia Nr. 04/04!