Verstorbene führen im Netz ihr Leben fort:
Nutzerprofile von den Toten bleiben online

Inaktive Nutzerprofile auf der Social-Networking-Plattform Facebook sorgen derzeit für Aufsehen. Wie die britische Zeitung Guardian berichtet, handelt es sich bei einigen um Profile von Usern, die schon vor einer ganzen Weile verstorben sind. Da ein Großteil der Betreiber von sozialen Netzwerken im Internet keine speziellen Richtlinien aufweisen, wie mit derartigen Fällen umzugehen ist, blieben die meisten dieser Nutzerprofile einfach weiter online.

Dies sei insbesondere deshalb nicht unproblematisch, da derartig verwaiste Kontakte oft noch mit einer Unmenge an Zuschriften, Kommentaren, Spam und sogar pornografischen Inhalten bombardiert würden. Social-Networking-Anbieter müssten sich dringend mit diesem Problem auseinandersetzen, heißt es in dem Bericht.

Keine Regelungen
Vonseiten der verantwortlichen Portalbetreiber finden sich zumeist keine spezifischen Regelungen, wie mit dem Tod eines Community-Mitglieds umzugehen ist. Man könne derartige Probleme nur von Fall zu Fall lösen und sei in seinen diesbezüglichen Möglichkeiten sehr eingeschränkt, argumentiert die Mehrheit der Anbieter. MySpace beispielsweise löscht nach eigenen Angaben nie inaktive Nutzerprofile. "Wenn Angehörige eines Verstorbenen allerdings darauf bestehen, dass das Profil eines Familienmitglieds gelöscht werden soll, respektieren wir diesen Wunsch", betont MySpace. Es bestehe zudem die Möglichkeit, ein eigenes Profil in Gedenken an die Verstorbenen einzurichten. Die Online-Community verweist in diesem Zusammenhang etwa auf den Fall eines 17-jährigen MySpace-Nutzers, der im Jahr 2005 seinen eigenen Selbstmord via Notiz in der Internetgemeinschaft angekündigt hatte. Die Seitenbetreiber hatten nach Bekanntwerden der Umstände ein Gedenk-Profil auf MySpace eingestellt, das eine sehr starke emotionale Reaktion innerhalb der britischen Öffentlichkeit hervorrief.

Anbieter wie das businessorientierte soziale Netzwerk LinkedIn http://www.linkedin.com, die im Todesfall eines Users eine klar formulierte Politik verfolgen, sind eher die Ausnahme. "Zuallererst übermitteln wir in solchen Fällen den Angehörigen unsere Anteilnahme. Dann schließen wir den betreffenden Account, sodass es für andere Community-Mitglieder nicht länger sichtbar ist", schildert Christina Hoole, European Director of PR & Marketing bei LinkedIn. "Bei rund zehn Mio. Mitgliedern lassen sich Fälle von längere Zeit inaktiven Nutzerprofilen nicht vermeiden", erklärt Christiane Biederlack, PR-Managerin der deutschen Community StudiVZ http://www.studivz.net , gegenüber pressetext. "Wenn wir auf den Tod eines unserer Mitglieder aufmerksam gemacht werden, versuchen wir in der Regel mit den Angehörigen Kontakt aufzunehmen, um die weitere Vorgehensweise mit ihnen abklären zu können", so Biederlack.

Eine mögliche Lösung für das Problem könnte laut Bericht die OpenID-Initiative darstellen. Diese zielt darauf ab, die Authentifizierung auf verschiedenen Webseiten mit Hilfe eines einzigen, leicht zu handhabenden Nutzerprofils zu ermöglichen. Wird einer der OpenID-Anbieter über den Tod eines seiner Kunden benachrichtigt, wären damit automatisch auch gleich die rund 4.000 anderen Teilnehmer des Projekts über die geänderten Verhältnisse in Kenntnis gesetzt. "Ein derartiges Vorgehen wäre aber von der Kooperation jeder individuellen Seite abhängig", stellt OpenID-Geschäftsführer Bill Washburn klar. Seiner Meinung nach müsste ein entsprechender Fall erst einmal vor einer höheren Gerichtsinstanz abgehandelt werden. "Es ist noch nicht ausreichend geklärt, ob wir überhaupt selbst darüber bestimmen können, was mit unseren Online-Leben nach unserem Tod passiert", merkt Washburn an.
(pte/red)