Tiscali Österreich steht zum Verkauf: 90 Mitarbeiter beim Webanbieter beschäftigt

Die österreichische Tochter des italienischen Internetanbieters Tiscali steht vor dem Verkauf. PR-Chef Marc Isop bestätigte eine entsprechende Meldung der Tageszeitung "Der Standard". Seinen Angaben zu Folge laufen derzeit Verkaufsgespräche, konkrete Angaben wollte er keine machen. Offen bleibt auch, ob ein Management Buy Out (MBO) geplant sei, schließlich habe Tiscali Österreich nach Eigenangaben im 2. Quartal 2004 das beste Ergebnis seit Bestehen eingefahren. Zahlen dazu nannte er keine. Ein Verkauf soll jedenfalls noch heuer über die Bühne gehen.

Tiscali Österreich beschäftigt nach Eigenangaben rund 90 Mitarbeiter, von ihnen wurde noch niemand beim AMS angemeldet. Dazu gebe es laut Isop "keinen Grund". Die hiesige Tiscali-Niederlassung war in den vergangenen Jahren vor allem durch Zukäufe in Szene getreten. Fusioniert wurden unter anderem EUnet (zwischenzeitlich KPNQwest) sowie Vianet und SurfEU. Als möglichen Käufer nennt "Der Standard" den US-Investor Jordan Industries, dessen Tochterunternehmen Air Call 2003 den Internetanbieter Nextra von der norwegischen Telenor gekauft hatte.

Zahlreiche Niederlassungen betroffen
Neben Österreich wird Tiscali zahlreiche weitere Niederlassungen schließen, Tiscali-Kopnzernchef Ruud Huismann nannte vor einigen Tagen Spanien, Schweiz, Schweden, Norwegen, Dänemark, Südafrika und Tschechien. Bestehen bleiben sollen die Filialen in Italien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Benelux-Ländern.

Betriebsgewinn gesteigert
Der Konzern hatte im zweiten Quartal 2004 den Betriebsgewinn um 42 Prozent gesteigert. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (Ebitda) sei auf 24,3 Millionen Euro von 17,4 Millionen Euro im Vorjahr gestiegen, teilte Tiscali mit. Der Umsatz habe sich auf 272,6 (Vorjahr 217,2) Millionen Euro erhöht. Analysten hatten im Durchschnitt einen Betriebsgewinn von 26,9 Millionen Euro bei einem Umsatz von 282,2 Millionen Euro erwartet.

ADSL-Ausbau angestrebt
Vor Steuern wies Tiscali einen Verlust von 65,4 Millionen Euro aus, nach einem Minus von 56,3 Millionen Euro im Vorjahr. Die Zahl der Benutzer der schnellen Breitband-Internet-Zugänge (ADSL) will Tiscali nach eigenen Angaben bis Ende des Jahres auf 1,7 Millionen von 1,4 Millionen Ende Juni steigern. Beim Umsatz peile das Unternehmen einen Anstieg um 30 Prozent an.

Keine Auswirkungen für Kunden
Der Verkauf der Österreichtochter des italienischen börsenotierten Internetanbieters Tiscali soll keine Auswirkungen für die Kunden haben. Dies betonte Tiscali Österreich-Chef Dieter Haacker auf APA-Anfrage. Es gehe um einen reinen "Wechsel des Kapitaleigners". Fast jeder Kunde von Tiscali Österreich habe "so etwas bereits zwei bis drei Mal erlebt", meint Haacker.

Drittstärkster Anbieter
In seinem größten Deal hatte Tiscali Österreich im Vorjahr rund 15.000 Kunden der EUnet (ehemals: KPNQuest) übernommen, davor hatte das Unternehmen unter anderem bereits Planetone, Liberty Surf, surfEU, Line One, Nacamar/World Online, Merlin und Vianet geschluckt. Im Geschäftskunden-Bereich gelten die Italier als drittstärkster österreichischer Internet-Anbieter hinter der Telekom Austria (18 Prozent) und der UTA (16 Prozent). Beim Kunderstock der börsennotierten österreichischen Unternehmen sieht sich Tiscali sogar als Marktführer. Zahlen werden aber nicht veröffentlicht.

EInsparungsplan
Hintergrund der Aktion ist laut Haacker ein Einsparungsplan, nach dem Tiscali Unternehmensteile im Ausmaß von 250 Mio. Euro verkaufen will. Tiscali Österreich habe im ersten Halbjahr einen beträchtlichen Cash Flow erzielt und sei daher "ein attraktives Ziel, wenn man verkaufen will", meinte Haacker. Kolportiert wird ein Kaufpreis vom "1,8-fachen des Umsatzes". Laut Angaben des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV) hat das Unternehmen im Vorjahr mit rund 60 Mitarbeitern 19,30 Mio. Euro umgesetzt, der Kaufpreis würde demnach bei rund 35 Mio. Euro liegen. Haacker wollte dazu nichts sagen. Man sei aber "kein unattraktives Investment".

Verhandlungen laufen
Medienberichte, wonach Tiscali Österreich bereits fix an den US-Investor Jordan Industries verkauft werden soll, dementierte Haacker. Laut dem Österreich-Chef sind die Verhandlungen nach wie vor im Laufen. Wann die Verhandlungen abgeschlossen werden sollen, steht noch nicht fest. Ebenso hat Haacker auch Berichte zurückgewiesen, wonach er bereits Anfang August aus dem Unternehmen ausgeschieden sei. Er sei nach wie vor im Amt, betonte er. (apa/red)