Soziales Netzwerk oder globale Sekte?
Facebook auf dem Weg zum Religionsersatz

Leichter Zugang zu Sex, Religion und Tratsch sind jene Faktoren, die eine normale Marke (Brand) von einer Superbrand unterscheiden. Zu diesem Ergebnis kommt der BBC-Journalist Alex Riley in seiner Dokumentation "Secrets of the Superbrands". Nach Apple soll nun auch Facebook diesen Status erreicht haben.

Freunde und Familie seien das Geheimnis des atemberaubenden Erfolgs von Facebook wie auch des Handys, so Riley. "Beide ermöglichen uns, unser Grundbedürfnis nach Kommunikation zu befriedigen. Erst dadurch gelang es den neuen Hightech-Marken, die Welt mit Lichtgeschwindigkeit zu erobern", berichtet der Journalist. Einen Nachweis für Religionsähnlichkeit erbrachte er mit der funktionellen Magnetresonanz bei Apple-Produkten. "Apple-Fanboys" zeigten bei deren Anblick ähnliche Gehirnreaktionen wie ein Gläubiger bei religiösen Symbolen.

Die Facebook-Religions-Diskussion ist auch im Deutschen Sprachraum bereits gestartet. Soziale Netzwerke stellen durch Kommunikation ein Weltvertrauen her, stellte der Berliner Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz stellte unlängst in "The European" fest. Der Züricher Markenberater Stefan Vogler schließt sich dieser Meinung an. "Facebook ermöglicht Kommunikation unter den Menschen und schafft Gruppen. Dass dies weltumspannend geschieht, ist vorher keiner Technologie gelungen."

Ein Ersatz für Religion und Kirchen sei Facebook jedoch nur mit starken Abstrichen, betont Vogler. Religion strebe stets in Richtung eines tieferen Lebenssinns, soziale Netzwerke jedoch nicht. "Obwohl wir nun alle technischen Möglichkeiten dazu hätten, sind wir nicht sozialer geworden. Jugendliche werden zu Außenseiter, da sie nur mehr schriftlich statt mündlich kommunizieren. Gesellschaftlich nehmen die Vereinsamung und das Singletum trotz sozialer Netzwerke zu - das ist paradox."

(pte/red)