Persönliche & öffentliche Dramen: Blogger lernen die Kehrseite ihrer Offenheit kennen

Der Boom der Online-Tagebücher ist in den USA ungebrochen. Besonders bei jungen Menschen erfreuen sich die Blogs großer Beliebtheit. Oft sind sie der erste Anlaufpunkt, wenn irgendetwas auf der Seele brennt. Häufig kommen die Gefühle nahezu ungefiltert und ungeschminkt ins Internet. Das kann eine große Freiheit sein, aber zunehmend gibt es auch negative Erfahrungen mit dieser Offenheit.

Viele halten es derzeit wie die 23-jährige Allison Martin. "Da diejenigen, die mein Blog lesen, Freunde oder Verwandte sind, bin ich völlig ehrlich - ob es über meine zu engen Hosen oder meine Meinung zur Verfassung ist", sagt Martin, die seit vier Jahren ihr Blog betreibt. Einer Studie des Pew Internet and American Life Projects zufolge haben rund 20 Prozent der Teenager in den USA mit Internetzugang ein Blog, 38 Prozent lesen die Blogs anderer. Bei den Erwachsenen führen gerade einmal zehn Prozent ein Blog, 25 Prozent lesen Blogs.

Einige mussten für ihre Offenheit in Blogs schon teuer bezahlen. So gab es Entlassungen, weil Blogger über ihre Arbeit berichteten. Und Maya Marcel-Keyes, die Tochter des konservativen Politikers Alan Keyes, musste feststellen, dass ihre Beiträge über ihre Gefühle als Lesbin plötzlich ein Thema im Wahlkampf ihres Vaters wurden, als er sich um einen Sitz als Senator bewarb. Er hatte sich zuvor negativ über Homosexuelle geäußert.

Persönliche und öffentliche Dramen
Experten sehen hinter solchen Vorfällen einen größeren Trend, bei dem die freimütigen Äußerungen zu persönlichen und auch öffentlichen Dramen führen. Einige fürchten auch, dass die Blogs - und besonders die Einträge über Party-Erlebnisse und Verabredungen - längerfristig Auswirkungen haben könnten. "Ich möchte wetten, dass beim Wahlkampf 2016 irgendein Eintrag wieder hochkommt und den Verfasser einholt", sagt Steve Jones von der Universität von Illinois in Chicago.

Pew-Forscherin Amanda Lenhart, die das Online-Verhalten amerikanischer Jugendlicher verfolgt, sagt, dass sie mehr und mehr negative Berichte über Blog-Erfahrungen hört. Blogs hätten die Kommunikationsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen enorm vergrößert, sagt Lenhart. Lenhart rät Eltern, sich im Internet mit Blog-Sites vertraut zu machen und ihren Kindern Fragen zu stellen: "Was ist angemessen? Was ist fair?" Auch über die Gefahren bei der Veröffentlichung vertraulicher Daten müsse mit den Jugendlichen geredet werden. (apa)