Krieg der Viren: Cybergangs messen sich im Internet

Besitzer von Windows-Computern erleben derzeit die heftigsten Viren-Attacken in der Geschichte des Internet. "Eine so außergewöhnliche Anhäufung erfolgreicher Wurmattacken in so kurzer Zeit, das hatten wir so noch nie", bringt es Michael Dickopf vom deutschen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn auf den Punkt. Die anonymen Programmierer vor allem der drei am weitesten verbreiteten Würmer MyDoom, Netsky sowie Beagle/Bagle legen ständig nach.

Experten in den Laboren der Antiviren-Spezialisten arbeiten deshalb weltweit rund um die Uhr. Täglich erreichen sie Meldungen von zahlreichen neu modifizierten Würmern und Viren. "Es sind sehr heiße Tage für alle Anti-Viren-Firmen", stöhnt Dennis Zenkin vom Anti-Viren-Spezialisten Kaspersky Labs in Moskau.

Auch beim Antiviren-Spezialisten Symantec im kalifornischen Silicon-Valley in Cupertino herrscht Hochbetrieb. "Ja das stimmt, das Problem hat eine neue Qualität gewonnen", bestätigt Zentraleuropa-Vertreter Olaf Lindner den Virenkrieg. "Die Programmierer schaukeln sich gegenseitig hoch, wer der Bessere ist."

"Wanna start a war?"
Im für den Laien nicht einsehbaren Programmcode der Viren sind Nachrichten versteckt, die sich an die jeweiligen Rivalen wenden. "Hey, NetSky, don't ruine our business, wanna start a war? ", heißt es etwa im Code der Beagle-Programmierer, die gar nicht darüber amüsiert sind, dass Netsky bestimmte Beagle-Versionen deaktiviert. "Wir sind täglich mit Updates beschäftigt, um da auch Schritt zu halten und unsere Kunden zu schützen", sagt Lindner.

Krieg zwischen drei Cybergangs
"Es scheint im Internet einen Krieg zwischen drei Cybergang-Gruppen zu geben", analysiert auch Zenkin in Moskau. Sie kämpfen um die Kontrolle über ein Netzwerk mit einer möglichst großen Zahl so genannter "Zombie-Computer", die mit ihrem Virus infiziert sind. Ziel dürfte es es sein, über weltweite Netzwerke virusverseuchter Computer Millionen unerwünschter Werbe-Spam-Mails zu versenden, deren Urheber unangreifbar im Dunkeln bleiben.

"Das ist eine Lizenz, um sehr viel Geld zu verdienen", sagt Zenkin. "Denn fremde Computer können verwendet werden, um illegalen Spam zu versenden".

Als Absender erscheint dann der ahnungslose Besitzer eines infizierten PC, dessen Ruf durch "Enlarge your Penis"-Mails an nahe Freunde oder gar den Arbeitgeber erheblich leiden dürfte. Ganz abgesehen davon, dass der unbemerkte enorme Datenverkehr bei Volumentarifen auch zu einer hohen Internetrechnung führen kann.

Großer Schaden für infizierte PCs
Tatsächlich gibt es große Risiken und Schäden für die Besitzer infizierter PCs. Beispielsweise öffnet der Wurm MyDoom eine Hintertür im Betriebssystem, durch die jeder mit dem Internet verbundene PC zu beliebigen Zwecken ferngesteuert werden kann.

"Die Cybergangs können dann alles mit den Daten auf Ihrer Festplatte machen, was ihnen gefällt", warnt Zenkin. Daten können kopiert, verändert oder versendet werden und sogar die unbemerkte Installation neuer Schadprogramme per Internet-Fernsteuerung ist möglich. "Wir erwarten, dass die Zahl der mit den drei aggressivsten Viren infizierten PC weltweit in die Millionen geht", betont Zenkin.

Wie Rechner infiziert werden, ist bei den aktuellen Internetschädlingen ähnlich. Ein bereits infizierter PC eines Bekannten versendet mit unverdächtiger Betreffzeile Mails, die die Schadfracht als Anhang enthalten. Lässt sich der arglose Empfänger durch Täuschung verleiten, auf den Anhang zu klicken, ist die Infektion meist schon erfolgt.

"Es besteht große Gefahr für persönliche Daten und vertrauliche Informationen", betont Lindner. Allerdings arbeiten einige Viren auch ohne jedes Zutun des PC-Besitzers. Wer einen Windows-PC besitzt, sollte deshalb nach Ansicht Lindners ohne wirksamen Schutz einer Anti-Virus-Software nicht mehr ins Internet. "Wenn Ihr Virenscanner nicht auf dem allerneuesten Stand ist, dann ist Ihr Rechner sofort innerhalb von Sekunden infiziert."

(apa/red)