Internet: Iraker entdecken neues Fenster zur Welt

Seit mehr als zehn Jahren isoliert, haben die Iraker ein neues Fenster zur Welt entdeckt: Die Bevölkerung kann sich seit kurzem im Internet informieren - allerdings zu einem Preis, den sich fast niemand leisten kann. Irak ist zwar schon seit 1999 mit dem globalen Computernetz verbunden. Zunächst konnten Privathaushalte aber nur E-Mails empfangen und keine Web-Seiten abrufen.

Das Web ist ein großer Fortschritt in einem Land, wo Satellitenfernsehen und private Faxgeräte immer noch genau so verboten sind wie der Verkauf von fremdsprachigen Zeitungen und Zeitschriften. "Wir haben wegen der Isolation so viel verpasst", sagt der 27-jährige Ingenieur Hammed Sahhaf, der in einem der neuen Internet-Cafes von Bagdad sitzt. "Aber jetzt sehen wir über die Mauer und entdecken die Welt wieder neu. Wir können es uns zwar immer noch nicht leisten, ins Ausland zu reisen oder fremde Bücher und Zeitungen kaufen, aber das Internet entschädigt uns für das meiste."

Webangebot eingeschränkt
Weiterhin gesperrt sind jedoch Internet-Angebote, die nach Einschätzung der Machthaber dem islamischen Recht widersprechen - das sind etwa Porno-Seiten - sowie Web-Sites irakischer Oppositionsgruppen im Ausland und Seiten der US-Regierung. "Kein Iraker würde so eine Seite besuchen, selbst wenn er könnte", sagt der 20-jährige Medizinstudent Hassan. "Wir sind Patrioten."

Online-Zugang nahezu unerschwinglich
Das irakische Kommunikationsministerium, das für den Internet-Zugang zuständig ist, hält die Zahl der Nutzer geheim. Allzu viele dürften es in dem Land mit 25 Millionen Einwohnern nicht sein, allein schon aus Kostengründen. Die Jahresgebühr für einen privaten Online-Zugang liegt bei 1,5 Millionen Dinar (rund 750 Euro) - bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 20.000 Dinar (zehn Euro). "Nur wenige Privilegierte können sich einen privaten Internet-Anschluss leisten oder sich auch nur einen PC kaufen", sagt Hassan. "Aber wir ärmeren sparen ein paar 'Saddams', um online zu gehen", fügt er hinzu - so heißen die 250-Dinar-Noten (etwa zwölf Cent) mit dem Porträt des irakischen Staatschefs Saddam Hussein.

US-Soldaten immer die Bösen
Ungeachtet aller Härten auf Grund der seit zwölf Jahren andauernden UN-Sanktionen versuchen die Iraker, ein normales Leben zu leben. Die Teenager strömen in die Computerspielhallen. In den martialischen Action Games sind die US-Soldaten immer die Bösen. "Es ist besser, gegen die Amerikaner am Computer zu kämpfen als in Bagdad", sagt Mustafa, ein Teenager. Seine Finger eilen über die Tastatur, mit dem Flugabwehrgeschütz schießt er schnell mal eine amerikanische A-10 ab. "Das ist ein Spiel, dass ich lieber nie in der Realität erleben möchte", fügt er hinzu.