FORMAT - Schluss mit schöner Firmenprosa:
Wiki-Scanner mischt das Onlinelexikon auf

Die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia basiert auf der Zusammenarbeit der Anwender. Jeder kann Artikel anlegen und ändern. Diese Offenheit hat ihren Preis - immer öfter werden Einträge bewusst beeinflusst oder schöngeschrieben.

Der US-Student Virgil Griffith entwickelte nun den sogenannten "Wikiscanner". Dieser erlaubt es, Artikeln eine IP-Adresse zuzuordnen und so herauszufinden, ob die Veränderungen von Rechnern bestimmter Organisationen oder Unternehmen aus getätigt wurden. "Ich habe drei beliebte Arten von Vandalismus und Desinformation ausfindig gemacht", so Griffith, "entweder werden ganze kritische Passagen gelöscht, negative und neutrale Adjektive durch positive ersetzt - das sogenannte Weißwaschen - oder falsche Informationen bei Artikeln zu Mitbewerbern hinzugefügt." Nicht alle aufgelisteten Änderungen sind verpönt, manchmal werden auch nur Daten korrigiert und Links hinzugefügt.

Kurz nach dieser Veröffentlichung meldete sich Wikipedia-Gründer Jimmy Wales zu Wort und lobte den Wikiscanner in den höchsten Tönen. Das Tool liegt mittlerweile in Englisch, Deutsch und Japanisch vor. In der englischsprachigen Ausgabe hatten CIA, FBI, der Vatikan, aber auch Google bei Einträgen die Finger im Spiel. Unter anderem löschte der US-Ölkonzern Texaco einen kompletten Eintrag zu Biodiesel, Microsoft war mit den Angaben zur Ausfallsquote seiner Xbox nicht einverstanden, Apple hatte etwas an Microsoft auszusetzen, und die "New York Times" verglich US-Präsident Bush mit Captain Kirk.

In der deutschen Version löschte eBay kritische Artikel, Scientology betrieb massive Eigenwerbung, und der Finanzdienstleister MLP hat Kritik durch Werbetext ersetzt. Hierzulande deckt der Wikiscanner vor allem politisches Geplänkel auf: So wurde von einer IP-Adresse, die den Grünen zugeordnet wird, der Artikel zum Thema "Nepotismus" um den Eintrag "In letzter Zeit ist der österreichische Finanzminister, Karl-Heinz Grasser' als ausgeprägter Vertreter dieser Spezies aufgefallen!!" erweitert. Über eine IP-Adresse, die der SPÖ gehört, wurden Absätze, die Aussagen zu Alfred Gusenbauer (etwa dass seine Personalpolitik auch in der SPÖ "nicht unumstritten" war) gelöscht.

Den kompletten Beitrag können Sie im aktuellen FORMAT nachlesen!