FORMAT: Der letzte Mohikaner der Provider:
Porträt des unabhängigen "Silver Server"

1994 gründete Oskar Obereder den Silver Server, ein Wegbereiter des Internets in Österreich. Schon früh setzte er auf XDSL-Technologie, seit 2007 bietet er auch mobilen Zugang übers Breitband. Wie Obereder die Attacken von Erzrivale Telekom Austria überstand und als Feinkostladen inmitten von Megamärkten operiert.

Den Schriftzug an der Backsteinfassade des einstigen Fabrikgeländes in der Lorenz-Mandl-Gasse kann der Besucher selbst dann kaum lesen, wenn er bereits vor der Tür steht. Im Hinterhof arbeiten kreative Köpfe hart an ihren Ideen, und das Produkt ist wichtiger als das Marketing. Eine Firma, die ihren eigenen Stil hat - ein Eindruck, der sich im Gespräch mit dem Firmengründer festigt.

Geburtsmotiv Notwendigkeit
Oskar Obereder hat 1994 hier den Provider Silver Server gegründet. Dass der ehemalige Student der visuellen Mediengestaltung in seinem Atelier die ersten beiden ISDN-Modems mit einem Linux-Router-Server verbindet, war aber mehr von Notwendigkeit denn Geschäftssinn getragen. Die Lorenz-Mandl-Gasse war in den 90ern ein Kreativpool der besonderen Art: Die Redaktion des Musikmagazins "Skug" und ein Tonstudio zogen die Elektronikszene Wiens an.

Doch die Providersituation war mit nur einem kommerziellen Anbieter wenig befriedigend, und die Modemverbindungen waren langsam. Also vernetzte der Künstler und Galerist Obereder mit einem Gründungskapital von 20.000 Euro - "der Überziehungsrahmen des Studentenkontos gab nicht mehr her" - die Ateliers, und wenig später finanzierte man gemeinschaftlich auch die erste Standleitung. Im Laufe der Zeit wuchs der Bedarf immer mehr an: Terminal-Server für das Einwählen ins Internet von zuhause, auch Web-, Mail- und DNS-Hosting wurden installiert.

Krieg mit Erzfeind Telekom Austria
Als Ende der 90er-Jahre die Telekomliberalisierung beginnt, schossen die Mitbewerber nur so aus dem Boden. "Gleichzeitig begann auch der Kleinkrieg mit der Telekom Austria, die uns vom Start weg attackierte", erinnert er sich. "Das ging sogar so weit, dass sie 1998 Teile unseres Netzes ohne Vorankündigung abschaltete. Das motivierte mich, einen Entbündelungsvertrag mit der Telekom Austria zu erwirken. 2001 konnten wir von einem gestrandeten US-Dotcom-Unternehmen günstig Glasfasern erwerben. Zug um Zug haben wir unsere Glasfaserinfrastruktur erweitert. Heute haben wir zumindest in Wien großteils eigene Infrastruktur", so Obereder. Dieser kämpferische Ansatz blieb bis heute bestehen. Auch der Wunsch, unabhängig zu sein, sein eigenes Netz und damit die Kontrolle zu haben.

Einziger Alien weit und breit
Während die Mitbewerber Pleite gingen oder von größeren Unternehmen aufgekauft wurden, wuchs das Unternehmen stetig weiter: 60 Mitarbeiter, 10.000 Breitbandkunden und ein Umsatz von 9 Millionen Euro machen den "Sil" zu einer lokalen Größe in Wien. "Im mittelständischen Providersegment gibt es keine vergleichbaren Unternehmen. Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man der einzige Alien ist", findet Obereder. Silver Server ist heute einer der wenigen verbliebenen Feinkostläden inmitten von Megamärkten. Diese Einstellung wissen auch die Kunden zu schätzen, vom freiberuflichen Grafiker bis hin zur Oesterreichischen Nationalbank.

Den kompletten Artikel lesen sie im Format Nr. 44/2007!