EU will Gangart gegen Terror verschärfen:
Justiz- und Innenminister tagen in Lissabon

Die Europäische Union will schärfer als bisher gegen den internationalen Terrorismus vorgehen. In diesem Sinne haben die europäischen Innen- und Justizminister auf einem informellen Treffen in Lissabon über neue Technologien und Strategien bei der Terrorismusbekämpfung beraten. Einer der zentralen Punkte war neben der schärferen Datenkontrolle von nicht europäischen Flugpassagieren, die in die EU einreisen wollen, vor allem die Ausdehnung der Terrorismusbekämpfung ins Internet.

Die Forderung von EU-Innenkommissar Franco Frattini, Webseiten abschalten zu lassen, die Anleitungen zum Bombenbau oder Propaganda für Terrororganisation wie Al Kaida enthalten, wurde auch von Österreichs Justizministerin Maria Berger und Innenminister Günther Platter unterstützt, die am EU-Ministertreffen in Lissabon teilnehmen.

Technischer Fortschritt des Gegners untragbar
Es könne nicht sein, dass die internationalen Terroristen technisch gesehen immer einen Schritt vor der Exekutive seien, erklärte Platter in Lissabon und forderte neben einer intensiverer Sicherheitsforschung und einem stärkeren Datenaustausch zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten und ihren Geheim- und Informationsdiensten vor allem rechtliche und technische Ausweitungen der staatlichen Kontrollmechanismen im Internet. "Das Internet ist eine immer beliebtere Plattform der Terroristen. Deshalb darf das Internet kein straffreier Raum bleiben und deshalb brauchen wir neben der Videoüberwachung verdächtiger Personen auch die Durchführung von Online-Durchsuchung", sagte Innenminister Platter.

Die richtige Balance finden
Unterdessen machte sich Justizministerin Berger für eine Balance zwischen Sicherheitsmaßnahmen gegen den internationalen Terrorismus und dem Schutz der Menschenrechte stark. Dennoch unterstützte auch Berger die sogenannten Online-Durchsuchungen. Es habe nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun, wenn jemand im Internet Anleitungen zum Bau einer Bombe veröffentliche, sagte Berger. Gleichzeitig betonte sie jedoch, dass dafür eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden und ein konkreter Tatverdacht vorliegen müsse, damit nicht die Gefahr einer Massenbeobachtung entstehen könne.

Nachholbedarf bei Zusammenarbeit
Generell geht es bei dem EU-Ministertreffen um eine Bestandsaufnahme aller EU-Staaten mit Blick auf die aktuelle Terrorismusbedrohung. Nach Meinung Bergers spüre man, dass in den vergangenen Jahren viele Lücken im Kampf gegen den Terrorismus geschlossen wurden. Dennoch gebe es viele Schwächen, gerade was den Informations- und Datenaustausch zwischen den nationalen Diensten und den EU-Stelle wie Europol betreffe.

Erweiterung der Schengenzone vor 2008
Das informelle Treffen sollte vor allem auch EU-Innenkommissar Franco Frattini dazu dienen, mit den zuständigen EU-Ministern über Punkte seines Anti-Terror-Pakets zu debattieren, welches der Italiener am 6. November der EU-Kommission vorlegen wird. Konkrete Beschlüsse sind bei dem informellen Treffen nicht vorgesehen. Dennoch einigten sich die anwesenden EU-Innen- und Justizminister überraschend darauf, die Grenzkontrollen zwischen den alten und den neuen EU-Mitgliedstaaten noch vor Weihnachten abschaffen zu wollen. "Alle Überprüfungen bestätigen, dass wir noch vor Ende des Jahres in der Lage sein werden, die Grenzen aufzuheben", erklärte Portugals gastgebender Innenminister Rui Pereira. In die Schengenzone sollen Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Malta aufgenommen werden.

Innenminister Platter unterstützte diese Maßnahme in Lissabon, erklärte allerdings, dass in den neuen Staaten dafür eine Garantie für den effektiven Schutz der EU- und Schengengrenzen gegeben sein müsse, worüber im Oktober ein EU-Bericht vorgelegt werden wird, so Platter. Sollte dieser Bericht positiv ausfallen, könnten die Land- und Seegrenzen noch in der Woche vor Weihnachten aufgehoben werden, bestätigte auch EU-Justizkommissar Frattini. Den Bürgern in den neuen EU-Staaten soll damit das Gefühl geben werden, vollgültige Europäer wie alle anderen zu sein, so Frattini weiter.

Knackpunkt Kinderschutz
In Kürze wird auf dem EU-Innen- und Justizministertreffen in Lissabon der Kinderschutz das zentrale Thema sein. Die EU-Justizminister wollen dabei über ein mögliches Notrufsystem für vermisste Kinder beraten. Fälle wie der der in Portugal verschwundenen vierjährigen Britin Maddie McCann könnten damit schneller gelöst werden, so die Hoffnung der EU-Justizminister. (apa/red)