E-Mailen & Bloggen gegen den Kriegswahn:
Libanesen machen ihrer Wut im WWW Luft

E-Mailen & Bloggen gegen den Kriegswahn:
Libanesen machen ihrer Wut im WWW Luft

Angesichts der anhaltenden israelischen Bombenangriffe machen immer mehr junge Libanesen ihrer Wut im Internet Luft. Ärger, Angst und Verzweiflung dominieren die Blogs, mit denen die Menschen auf das Schicksal ihres Landes aufmerksam machen wollen. Doch auch E-Mails, Textbotschaften und Artikel werden genutzt, um Gefühle und Ideen für eine Lösung des Konflikts auszutauschen.

Seit Beginn der israelischen Offensive am 12. Juli wird das Internet überschwemmt mit Petitionen, Cartoons und Artikeln. Die ständigen Stromausfälle behindern jedoch häufig die Kommunikation. So schrieb der Blogger Mazen Kergej vor seinem batteriebetriebenen Computer: "Es ist komisch, auf einem mit der Welt verbundenen Laptop zu schreiben, während einer Kerze neben der Tastatur brennt." Die meisten Blogger beschreiben die Lage in der Hauptstadt Beirut. "Auf den Straßen sagt man, dass Israel jetzt Beirut angreifen will. Ich fühle mich so hilflos", schrieb die 30-jährige Sena al-Khalil. "Ich habe meinen Mann angerufen und ihn gebeten, nach Hause zu kommen. Wenn ich sterbe, will ich in seinen Armen liegen."

Libanesische Perspektiven im Internet
Ein im Libanon kursierendes E-Mail zeigt eine israelische Checkliste, auf denen die Punkte "Brücken", "Elektrizitätswerke", "Flughäfen", "Kinder" und "Wirtschaft" abgehakt sind. Einzig hinter "Hisbollah" fehlt der Haken. Andere E-Mails zeigten Fotos von verletzten libanesischen Kindern und stellten daneben mutmaßliche Bilder von israelischen Kindern, die "Grüße" auf Artilleriegeschosse schreiben. Ein Blogger, der 27-jährige Jamal Ghosn, verweist auf die vielen getöteten Kinder im Libanon. "Libanesische Kinder umarmen im Schlaf nicht ihre Teddybären. Sie schlafen mit Katjuscha-Raketen in ihren Betten, für den Fall, dass ihr es nicht wisst."

Die Redakteurin Hanadi Salman von der Beiruter Zeitung "As-Safir" sagte, sie habe bisher nie Interesse daran gehabt, ein öffentliches Tagebuch zu führen. Als aber israelische Raketen am dritten Tag der Gefechte einen Konvoi flüchtender Dorfbewohner getroffen hätten und mindestens 15 Menschen getötet worden seien, habe sie als Mutter einfach etwas tun müssen. Salman begann, Fotos vom Tod und der Zerstörung an alle ihre Freunde und Bekannten zu schicken in der Hoffnung, die Welt auf die Geschehnisse aufmerksam zu machen. Schnell wurde aus den Bildern eine Art Tagebuch, das mittlerweile regelmäßig rund 200 Leute erhalten.

Reaktivierung eines Kommunikationskanals
Die libanesischen Blogger drängten schon nach der Ermordung des früheren Ministerpräsidenten Rafik Hariri im vergangenen Jahr ins Internet. Ihr Enthusiasmus erhielt jedoch einen herben Dämpfer, als die Politiker des Landes nach dem Abzug der syrischen Truppen um die Beziehungen zu Damaskus stritten. Die israelische Offensive hat die Begeisterung für das Netz wieder neu entfacht. (apa/red)