Debatte in den USA - Zweiklassen-Internet:
Wer mehr zahlt, soll auch schneller "surfen"

Debatte in den USA - Zweiklassen-Internet:
Wer mehr zahlt, soll auch schneller "surfen"

Bisher galt im Internet der Grundsatz, dass alle Daten gleich behandelt werden. Börsenmeldungen von Konzernen werden genau so schnell weitergeleitet wie die Spam-Werbung für Viagra. In den USA steht dieses Prinzip nun zur Debatte. Im Kongress wird ein Telekommunikationsgesetz beraten, bei dem es um die Frage geht, ob Leitungs- und Zugangsanbieter die Daten von Kunden, die entsprechend dafür bezahlen, bevorzugt behandeln und schneller durchleiten dürfen. Im Senat scheiterte vor einiger Zeit ein Versuch, dies gesetzlich zu verbieten.

Gegen die bevorzugte Behandlung zahlungskräftiger Kunden hat sich in den USA ein breites Bündnis gebildet, das inzwischen mehr als 750 Gruppen aus dem gesamten politischen Spektrum umfasst: von christlichen Organisation über die rechtsgerichtete Waffen-Lobby bis zu linken Gruppen wie MoveOn.org oder der Bürgerrechtsunion. Ihrer Auffassung nach hat sich das Internet nur deshalb zu der Plattform für wirtschaftliche Neuerungen, demokratische Partizipation und freie Meinungsäußerung entwickelt, weil dort die Daten grundsätzlich gleich behandelt werden.

Raubtierkapitalismus im Internet?
Im Blick haben die Leitungsanbieter mit ihrer Initiative aber wohl weniger die Web-Sites von Umweltschutz- oder Bürgerrechtsgruppen als vielmehr Konzerne wie Google oder Amazon, die Milliarden-Gewinne mit dem Internet machen, und auch Internet-Telefon-Anbieter, die oft kostenlose Gespräche anbieten können und damit Anbietern wie AT&T das Wasser abgraben, ohne etwas dafür zu bezahlen.

Video-Boom als Auslöser
Ausgelöst wurde die jüngste Debatte aber durch die stark gestiegene Nutzung von Videos über Breitbandverbindungen. Um hier auch weiterhin eine störungsfreie Übertragung zu garantieren, sei es notwendig, diese Daten mit höherer Priorität durchzuleiten. Ähnlich wollen sie auch bei den Anbietern von Internet-Telefonaten oder Videokonferenzen verfahren, die auf eine Übertragung der Daten in Echtzeit angewiesen sind.

Meinungsfreiheit gefährdet
Die Kritiker dieser Vorzugsbehandlung befürchten aber, dass damit letztlich die Meinungsfreiheit in Gefahr ist, da diejenigen, die nicht das entsprechende Geld haben, ausgeschlossen werden könnten. Beide Seiten stehen sich ziemlich unversöhnlich gegenüber, so dass der Ausgang der Debatte im Kongress noch offen ist. Eigentliches Ziel des Gesetzes war es, Telefon- und anderen Firmen einen Einstieg in den Videomarkt zu erlauben, der bislang von den Kabel- und Satellitenfirmen beherrscht wird. (apa/red)