Zwei Skandinavier mischen das Web auf:
Schlaue Köpfe hinter dem Skype-Imperium

Die gemeinsame Geschichte des Informatikers und Betriebswirts Zennström und des Schulabbrechers Friis beginnt nicht in einer Garage im Silicon Valley, sondern beim schwedischen Telekom-Anbieter tele2, wo sich die beiden Ende der 90er kennen lernten. tele2 war damals ein "David" mit gut 20 Mitarbeitern, der die schwedische Telekom herausforderte.

Es war das Frühlingserwachen des Internets und die Zeit, aus der sie eine wichtige Erfahrung mitnahmen: "Die Monopolisten herauszufordern ist das beste Geschäftsmodell. Sie sind zu unflexibel und zu langsam, um zu reagieren", sagt Zennström im FORMAT-Gespräch (Seite 94). In den drei Jahren bei tele2 konnte das Duo studieren, wie schwierig es mittelfristig wird, aus dem Massengeschäft Festnetztelefonie bei immer dünneren Margen Profit zu ziehen. "Es ist wie mit einer Zahnpastatube, die ist irgendwann leer", meinte Zennström einmal. Neue bahnbrechende Technologien - eben über das junge Internet - boten mehr Chancen.

Kazaa als Lehrstück
Nach ein paar Fingerübungen mit Internetanbietern wie get2net, everyday.com und Altnet machten sich die beiden 2001 daran, nicht nur einen Monopolisten, sondern gleich eine ganze Industrie herauszufordern. Basis war ein Urprinzip des Internets (Peer-to-Peer, ein Netzwerk gleichgestellter Rechner zu verbinden), das sie mit einer eigenen Software bedienten.

Kazaa war geboren und wurde - nachdem die Tauschbörse Napster abgedreht worden war - für Millionen Nutzer sehr schnell die erste Adresse, um Musik-und Videodateien zu "tauschen". Genutzt wurden die Rechner der Nutzer, Vermittlungsrechner (so genannte Supernodes, Knoten) stellten nur die Internetadressen der Tauschwilligen zu.
Die Skandinavier wurden über Nacht zum erklärten Feindbild der Plattenindustrie, die endgültig aus ihrem Schlaf gekippt worden war. Das Experiment von Kazaa konnte angesichts der Urheberrechtsverletzungen nur kurz währen. Die wichtigste Lektion aus Kazaa, wie Zennström gegenüber FORMAT betont: "Wenn du im Internet ein Produkt anbieten kannst, das den Leuten etwas bringt, das neu ist und noch dazu einfach zu benutzen, kannst du alle Ländergrenzen sprengen und enormes Wachstum hinlegen." Dem Gesellenstück sollte auch alsbald das Meisterstück folgen ...

Wie viel die beiden Unternehmer aus dem Kazaa-Deal mitnahmen, ist nicht bekannt. Jedenfalls genug, um das nächste Projekt anzuschieben. Das Platzen der Internet-Blase war 2003 noch nicht so lange her, als es den beiden Web-Entrepreneurs gelang, einigen Finanziers das neue Projekt Skype schmackhaft zu machen: die Telefonie über Internet.

Das Peer-to-Peer-Prinzip bleibt dabei dasselbe, es kommt nur eine andere Software zum Einsatz. Und da die Nutzer ihren Internetzugang ohnehin schon bezahlt haben, können sie in der Skype-Community gratis telefonieren. Zennström und Friis waren auch hier nicht die Ersten auf diesem Gebiet. Doch hatte es vor ihnen niemand geschafft, die richtigen Goodies (kostenlose, werbefreie Software und Gratis-Telefonie) anzubieten und auch die Empfehlungen der User untereinander richtig einzusetzen. Die Skype-Community vermehrte sich schnell und explodierte schließlich 2005: von knapp zwei auf 54 Millionen in einem halben Jahr. Technisch kamen immer mehr Funktionen dazu.

Nach knapp zwei Jahren, im Herbst 2005, war Erntezeit für Investoren und Gründer. Das weltgrößte Internet-Auktionshaus legte 1,3 Milliarden Dollar in Aktien und 1,3 Milliarden in Cash auf den Tisch plus 1,5 Milliarden als Bonus - wenn bestimmte Ziele bis 2008 erreicht werden. So viel Geld für eine Community von knapp 60 Millionen Usern, von denen gerade einmal fünf Prozent die kostenpflichtigen Dienste nutzen, hielten und halten viele für Wahnsinn.

Zennström und Friis hat der Deal zumindest zu vielfachen Millionären gemacht, da sie - kolportierte - 30 Prozent an der Firma hatten. Ein kleiner Kulturschock dürfte es aber doch gewesen sein, als die mittlerweile von smarten Consultern regierte eBay auf die Underdogs von Skype trafen, denen noch der Geschmack des Illegalen anhaftete. eBay-Chefin Meg Whitman argumentierte den Deal mit einer 78 Seiten langen PowerPoint-Präsentation, und von Zennström ist aus diesen Tagen der Ausspruch überliefert: "Wir haben jetzt einen großen Bruder bekommen und können halt auch dessen Spielsachen benutzen."

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