Wettrennen um den Turbo für mobiles Web:
Handynetzbetreiber ringen um LTE-Standard

Der Startschuss ist gefallen, das Rennen läuft: Wie vor 10 Jahren bei UMTS geht es wieder darum, wer als erster Mobilfunker ein Netz der nächsten Mobilfunkgeneration errichten und betreiben kann. Die Technik heißt diesmal LTE (Long Term Evolution), und sie soll das Mobilfunknetz auf Datenraten bis zu 150 Mbit/s bringen. Allerdings: Noch ist technisch vieles ungeklärt. Etwa welche Frequenzen benutzt werden sollen oder wie die neuen Netze mit den alten verwoben werden können.

Trotzdem matchen sich die Netzbetreiber schon heftig mit immer neuen Erfolgsmeldungen. So hat etwa A1 im Juni den ersten LTE-Versuch mit einem (schuhkartongroßen) Endgerät gezeigt, T-Mobile präsentierte in Deutschland die ersten Versuchsfahrten mit Übergabe zwischen zwei Zellen und hat jetzt Innsbruck als neues Testareal ausgewählt: 20 Basisstationen im Stadtgebiet wurden mit der neuen Technik aufgerüstet und an ein Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz angeschlossen – Voraussetzung dafür, dass die riesigen Datenmengen auch vom Internet ins LTE-Netz geschaufelt werden können. Und Berthold Thoma, Chef von Hutchison 3G Austria, verkündet sehr optimistisch: „Wir sind die Ersten, die mit LTE aufrüsten, und werden schon 2011 im gesamten Netz Übertragungsraten von über 100 Mbit/s anbieten können.“

Krammer streikt
Nur einer will das Rennen (vorläufig) nicht mitmachen. Orange-Boss Michael Krammer setzt auf „verfügbare Techniken“ und hält sich in Sachen LTE zurück. „Was soll dieser Wettlauf um eine Technik, die vielleicht erst in drei oder vier Jahren zur Verfügung steht“, schimpft er. Orange-Kunden sollen zuerst mal mit HSPA+ versorgt werden, einer Technik, die noch auf dem alten UMTS-Netz beruht, aber schon Geschwindigkeiten bis zu 42 Mbit/s bringen soll.

Zum Vergleich: Die besten DSL-Leitungen schaffen derzeit gerade mal 16 Mbit/s. Der Haken: HSPA+ ist ein sogenanntes Shared-Medium. Heißt: Alle, die in einer Funkzelle surfen, teilen sich die maximale Geschwindigkeit. Unterm Strich bleiben dann 2–3 Mbit/s für den Einzelnen. Hinzu kommt: HSPA+ hat Latenzzeiten, die 50 ms und mehr betragen können. Was das bedeutet, weiß jeder, der schon mal mobil gesurft ist: Trotz Highspeed-Verbindung bauen sich Webseiten im Schneckentempo auf, die Verbindung mit dem Firmenserver ist quälend langsam. Weil HSPA+ aber technisch relativ einfach zu realisieren ist, werden auch die anderen Netzbetreiber daran nicht vorbeigehen. Bei A1 ist HSPA+ bereits verfügbar, Orange will dieser Tage nachziehen – auch wenn die passenden USB-Sticks derzeit noch viel zu heiß werden.

Fight um die Frequenzen
Doch auch der Weg zu LTE ist noch steinig, denn da wäre noch die Frage der für LTE nutzbaren Frequenzen zu klären – und hier hat auch die Politik ein Wörtchen mitzureden. Trotz der gefinkelten Übertragungstechnik ist der Bandbreitenhunger von LTE ziemlich hoch. Deshalb haben die Netzbetreiber ein Auge auf die nun nicht mehr genutzten Frequenzen des analogen Fernsehens geworfen – die so genannte Digitale Dividende. Die wollen aber auch die Fernsehsender weiter nutzen – Schiedsrichter muss die Politik spielen. Im Gespräch ist auch, einen Teil der jetzigen UMTS-Frequenzen für die neue Technologie zu verwenden – langfristig soll LTE eh die 3G-Technik ersetzen.

Das altehrwürdige GSM-Netz hingegen braucht keine Einschnitte zu befürchten. „Das ist Basistechnik. Und die wird es wohl auch noch in zehn Jahren geben“, beruhigt Christian Laqué, Bereichsleiter Netzwerke, T-Mobile Austria.

(E-MEDIA/Korne)

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