"Völlige Unkenntnis der Faktenlage": Gorbach und Betreiber vs. Niederösterreich

Um die kürzlich in Niederösterreich beschlossene Handymasten-Steuer findet derzeit ein heftiges Ringen hinter den Kulissen statt. In laufenden Gesprächen mit niederösterreichischen Politikern versuchen die Mobilfunkbetreiber derzeit, das Gesetz doch noch zu Fall zu bringen. Die Betreiber müssen durch die Abgabe mit erheblichen Zusatzkosten rechnen und fürchten die eine Ausweitung der Steuer auf andere Bundesländer. Infrastrukturminister Hubert Gorbach (B) hält indes ein vom Telekomregulator erstelltes technisches Gutachten in Händen, das demnächst veröffentlicht werden könnte.

Man habe den Niederösterreichern aus Gründen der "Fairness" das Gutachten vor dessen Veröffentlichung zur Kenntnisnahme geschickt. In Kürze erwarte man eine Stellungnahme, sagte Gorbach-Sprecher Martin Stangl zur APA. Dann werde man entscheiden, wann und in welcher Form das Gutachten veröffentlicht werde.

Das technische Gutachten bescheinige Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (V) eine "völlige Nichtkenntnis der Faktenlage" und desavouiere das beschlossene Landesgesetz, erfuhr die APA indes aus Branchenkreisen. Die technischen Details würden zeigen, dass die von Niederösterreich geforderte gemeinsame Nutzung von Handymasten in vielen Fällen aus technischen, statischen und Ortsschutz-Gründen nicht möglich sei.

Der Geschäftsführer des Interessensverbands Forum Mobilkommunikation (FMK), Thomas Barmüller, schlägt Niederösterreich nun ein gemeinsames Vorgehen vor, um die Möglichkeiten zur Handymastenreduktion sachlich zu prüfen. Wünschenswert wäre ein gemeinsames Gremium aus allen Beteiligten inklusive Politik und anderen Mastenbetreibern wie Nökom, EVN und ORF, sagte Barmüller zur APA. Vielfach weüden den Mobilfunkbetreibern nämlich von den Gemeinden aus Gründen des Ortsbildschutzes die gemeinsame Mastennützung untersagt.

Gorbach will Gesetz in Ministerrat einbringen
Sollte Niederösterreich nicht von der Steuer abrücken, will Gorbach das Gesetz am 9. August in den Ministerrat einbringen und die Regierungsmitglieder davon überzeugen, gegen die Abgabe Einspruch zu erheben. Dafür ist jedoch Einstimmigkeit in der Regierung notwendig. Rechtlich gesehen ist der 29. September der erste reguläre mögliche Zeitpunkt, wo der Niederösterreichische Landtag in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause das kürzlich beschlossene Sendeanlagenabgabegesetz wieder abschaffen könnte.

Die niederösterreichische Handymasten-Steuer soll ab 2006 eingehoben werden und den Handymasten-Wald eindämmen. Die Telekom-Branche dagegen ortet in der Abgabe eine reine Geldbeschaffungsaktion. Pro Sendeanlage müssen Mobilfunkbetreiber in Niederösterreich künftig bis zu 21.000 Euro im Jahr zahlen. Ein von Gorbach bei der Rundfunk- und Regulierungsbehörde RTR in Auftrag gegebenes Gutachten belegt allerdings, dass die niederösterreichische Handymasten-Steuer in einigen Punkten verfassungs- und EU-rechtswidrig ist. (apa)