Verfassungsrechtler zur Masten-Steuer: Europäischer Gerichtshof wird Gesetz kippen

Die niederösterreichische Handymasten-Steuer wird weder vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) noch vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) halten, so die Meinung des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer. Laut dem Universitätsprofessor ist Niederösterreich gar nicht zur Einhebung einer derartigen Steuer berechtigt. Außerdem sei das Gesetz diskriminierend. Desweiteren dürfe nach EU-Gemeinschaftsrecht - und da auch nur vom Bund - lediglich die Errichtung, aber nicht der Betrieb, wie in Niederösterreich festgeschrieben, besteuert werden.

NÖ nicht berechtigt
Mayer beruft sich bei seiner Rechtsmeinung auf das Urteil des EuGH zur Handymastensteuer in Belgien. Demnach dürfen kleine und später gestartete Mobilfunkanbieter nicht benachteiligt werden. Diese Benachteiligung sei aber in Niederösterreich der Fall. Eine Steuer um das Landschaftsbild zu verschönern, sei im EU-Recht nicht vorgesehen. Lediglich der Bund kann eine Abgabe zur optimalen Nutzung der Masten vorgeben, meint Mayer.

Belgien-Urteil für NÖ nicht interessant
Die Aussagen der niederösterreichischen Landesregierung, wonach das EuGH-Urteil zu Belgien ein Erfolg Niederösterreichs wäre, kann Mayer nicht nachvollziehen. Der Gerichtshof habe lediglich entschieden, dass kein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit vorliegt - "aber das hat in Österreich sowieso niemand behauptet", so der Jurist.

Sendeleistung für's Landschaftsbild relevant?
Mayer warf die Frage auf, was eigentlich der Betrieb eines Sendemasten mit dem Landschaftsbild zu tun hat. Wenn der Schutz des Ortsbildes der Vorsatz Niederösterreichs gewesen wäre, dann hätte man die Errichtung besteuern müssen, betonte er. Ebenso irrelevant für das Landschaftsbild sei, wie hoch die Sendeleistung der Anlagen ist. Aber auch dies sei Bestandteil des Gesetzes.

Mayer im Auftrag vom FMK
Dass noch allfällige Korrekturen das Gesetz vor den Gerichten bestehen lasse, glaubt Mayer nicht. Schlicht deswegen nicht, weil Niederösterreich gar nicht das Gesetz erlassen dürfe. Dass das Land Gutachten präsentiert hatte, die anderes behaupten, wollte Mayer nicht kommentieren. Er kenne diese Expertisen nicht. Das Forum Mobilkommunikation (FMK), die Interessensvereinigung der Mobilfunkbranche, in deren Auftrag Mayer seine Rechtsmeinung präsentierte, beklagte, dass es die Gutachten trotz Anfragen an die niederösterreichische Landesregierung nicht erhalten habe.

Rückzahlung bei Verurteilung
Der Professor geht davon aus, dass ein Verfahren vor dem EuGH kürzer dauern werde als im Fall Belgiens, wo zwei Jahre ins Land zogen. Käme es zu einer Verurteilung Österreichs, müssten die bisher geleisteten Zahlungen der Mobilfunker zurückgezahlt werden - möglicherweise mit Zinsen. Vorstellbar wäre auch eine einstweilige Verfügung des EuGH.

Regierung gespalten
Würde vor den Mobilfunkbetreibern noch die EU-Kommission - wie mehrmals angedroht - gegen die Mastensteuer aktiv werden, dann wäre als erstes die Regierung am Zug. Sie muss ihre Sicht der Dinge der Kommission auf Anfrage mitteilen. Bisher herrscht in der Regierung eine geteilte Meinung zur Steuer - das BZÖ ist dagegen, die ÖVP gibt sich eher bedeckt. Ein Vorstoß von Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach (B) auf Bundesebene gegen das Gesetz vorzugehen, blieb bisher erfolglos.

VPNÖ: Von Lobby nichts anderes zu erwarten
Von der Mobilfunk-Lobby sei "nicht anders zu erwarten" gewesen, stellte Gerhard Karner, Landesgeschäftsführer der Volkspartei NÖ, zu den Aussagen des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer fest, wonach die niederösterreichische Handymasten-Steuer nicht halten werde. "Außerdem haben wir uns von einem Verfassungsjuristen nicht erwartet, dass er sich um Landschaftsbild und die Lebensqualität der kommenden Generationen kümmert." Karner erinnert daran, "dass Juristen der Mobilfunk-Lobby vor dem EuGH-Urteil zu Belgien noch vollmundig von einer richtungsweisenden Entscheidung gesprochen haben. Jetzt wo sie eine Abfuhr bekommen haben, wollen sie davon nichts mehr wissen". (apa/red)