Telekom: Grasser für Beruhigung, Medien schießen sich auf Finanzminister ein

Nach dem Scheitern der Pläne zum Verkauf der Telekom Austria (TA) an die Swisscom hat der Aufsichtsrat der österreichischen Staatsholding ÖIAG eine für Sonntag geplante Sitzung am Freitag abgesagt. Bei der Sitzung hätte der Swisscom-Deal ursprünglich endgültig abgesegnet werden sollen. Die Gespräche zwischen ÖIAG und Swisscom waren am Donnerstag aber völlig überraschend abgebrochen worden.

Stattdessen will die ÖIAG - wie ursprünglich geplant - weitere 17 ihrer derzeit noch 42,2 Prozent an der Telekom Austria über die Börse verkaufen. Finanzminister Karl-Heinz Grasser erklärte am Freitag, man müsse "jetzt ein Signal der Sicherheit und Stabilität geben". Daher sollte man "klar machen, dass vorläufig die Republik über die ÖIAG mit 25 Prozent plus einer Aktie an der Telekom Austria beteiligt bleiben sollte", verkündete Grasser im ORF-Radio.

Eine Abkehr vom Privatisierungsauftrag sieht Grasser darin "überhaupt nicht". Dass die Regierung "lieber zu 100 Prozent privatisieren" würde, sei klar. Auch ÖVP-Budgetsprecher Günter Stummvoll sprach sich weiter für eine vollständige Privatisierung der Telekom Austria ein. SP-Budgetsprecher Matznetter bezeichnet Grasser als "master of desaster"

Presse schießt sich auf Grasser ein"
Während die Koalition also jede Schuld von sich weist und sich hinter Grasser stellt, rauscht es im Blätterwald. "Die politische Verantwortung für das Platzen des Deals trägt einen Namen: Karl-Heinz Grasser", schreibt die "Presse". Noch härter tönen die "Salzburger Nachrichten": "Grasser ist nichts zu peinlich. Der erste Betreiber der Verkaufsaktionen war der Erste, der das Scheitern begrüßte." Und die "Kleine Zeitung" fordert: "Politik und ÖIAG sollten sich klar werden, dass die Telekom keine beliebige Pimperlfirma ist, die höchstens sie selbst betrifft."

Gewerkschaft hält trotzdem Betriebsversammlungen ab
Obwohl der Verkauf der Telekom Austria an die Swisscom geplatzt ist, wird die Postgewerkschaft dennoch nächste Woche ab Dienstag wie geplant Betriebsversammlungen abhalten. Dies erklärte Gewerkschaftschef Gerhard Fritz am Freitag. Die Gewerkschaft hatte gegen einen Verkauf der Telekom in die Schweiz sogar mit Streik gedroht. Das Scheitern des Deals bezeichnete Fritz als "Sieg der Vernunft". Dass es dennoch Betriebsversammlungen geben wird, begründete er damit, dass unter den mehr als 14.000 Telekom- Mitarbeitern "riesengroße Verunsicherung" herrsche. Die Mitglieder sollten über die Vorgänge informiert werden.

Die Postgewerkschaft forderte den Rücktritt Grassers. Der Finanzminister habe "einem erfolgreichen, österreichischen Unternehmen den größtmöglichen Schaden zugefügt".(apa/red)