Telekom-Austria-Verkauf: SPÖ hofft bei Ministeranklage auf Stimmen der FPÖ

Die SPÖ will nach dem geplatzten Verkauf der Telekom-Austria an die Swisscom einen Untersuchungsausschuss und eine Ministeranklage gegen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) beantragen. Angesichts der offenen Kritik aus der FPÖ am Finanzminister fordert SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos die freiheitlichen Abgeordneten auf, diesen Anträgen im Nationalrat zuzustimmen.

Darabos: "Wenn die FPÖ politischen Anstand besitzt, dann wird sie dieser Forderung der SPÖ ihre Stimme geben."

Grasser oder ÖIAG verantwortlich?
Dem Finanzminister wirft Darabos vor, sich "aus der Verantwortung stehlen" zu wollen und alle Schuld am geplatzten Deal der ÖIAG zuzuschieben. Aus dem Privatisierungsauftrag gehe jedoch hervor, dass die ÖIAG sämtliche Schritte mit dem Finanzminister abzustimmen habe. Dies werde auch in einem Brief Grassers an Nationalratspräsident Andreas Khol (V) vom April 2003 bestätigt. Grasser sei also entweder voll informiert gewesen und sage nun die Unwahrheit, oder die ÖIAG habe ihn nicht informiert und damit "fahrlässig" gehandelt.

Kritik an vergangenen Privatisierungen
Grasser und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hätten jedenfalls eine "dilettantische Wirtschaftspolitik" zu verantworten, meint Darabos. Das gelte auch für bereits in der Vergangenheit erfolgte Privatisierungsschritte - von Böhler-Uddeholm, über Austria Tabak bis zur voestapline. Darabos: "Man versucht, um Budgetkonsolidierung zu betreiben, Gewinn bringende österreichische Unternehmen zu verkaufen, schaut nach drei Jahren durch die Finger und die neuen Eigentümer reiben sich die Hände."

Auch Absage an Budgetpolitik des Finanzministers
Trotz der Einnahmen aus den Privatisierungen bringe Grasser keinen ausgeglichenen Haushalt zu Stande, sondern steuere bei den laufenden Budgetverhandlungen auf ein Defizit von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu, kritisiert Darabos. Das Platzen des Telekom-Verkaufs sieht der SP-Geschäftsführer mit gemischten Gefühlen: "Wir freuen uns, dass der Deal geplatzt ist, wir freuen uns aber nicht, dass die Aktie und das Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen wurden."

SPÖ-Wirtschaftskonzept kommt im September
Die SPÖ tritt nun für einen "Privatisierungsstopp" in zentralen Branchen wie Telekom und Stahlindustrie ein. Dies seien Bereiche, in denen der Staat "auch dirigistisch etwas zu sagen haben sollte", meint Darabos. Die SPÖ wird ihr Wirtschaftskonzept Mitte September in einer "Kickoff-Veranstaltung" vorstellen und am Parteitag im November beschließen. Die Kernpunkte sind bereits bekannt: Die Steuern auf Kapitaleinkommen sollen erhöht, die Lohnnebenkosten gesenkt und das Sozialsystem neben Beitragsleistungen stärker über Steuern finanziert werden. (apa/red)