Telefonieren ohne jeden Schnickschnack: Seniorenhandys überzeugen im VKI-Test

Smartphones haben die Lücke zwischen Mobiltelefonen und Computern gefüllt. Mit ihren zahlreichen Funktionen haben sie sich als echte Multifunktionstalente einen großen Anteil am Mobilfunkanmarkt gesichert. Doch nicht jeder benötigt ein Handy, mit dem er im Internet surfen und E-Mails versenden kann. Gerade für Senioren lautet das Motto bei der Wahl eines neuen Mobiltelefons häufig: Weniger ist mehr. Diesem Wunsch leisten bereits einige Handyhersteller Folge und bringen Geräte auf den Markt, die sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Sie heißen Doro, Emporia oder tiptel und besinnen sich auf die Grundfunktion eines Handys, nämlich das Telefonieren. Die so genannten "Seniorenhandys" sollten sich vor allem durch einfache Bedienbarkeit und ein gut lesbares Display auszeichnen. Ein Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) hat gezeigt, dass mittlerweile ein Großteil der Seniorenhandys diesen Anforderungen gerecht werden.

Wie der VKI in der April-Ausgabe des Testmagazins Konsument anhand eines Praxistests mit zehn Testpersonen im Alter von 50 bis 70 Jahren zeigt, überzeugen zwölf von 16 getesteten Handys aus Sicht der Zielgruppe durch leichte Bedienung und übersichtliches Design. Vier Seniorenhandys (Auro, Hyundai, PRO V und Sentel) weisen allerdings eine miserable Menüführung oder eine kaum nachvollziehbare Bedienungsanleitung auf. Damit erreichen diese im Gesamturteil nur ein "durchschnittlich" bzw. "weniger zufriedenstellend".

Senioren als wichtige Zielgruppe
Franz Floss, VKI-Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Untersuchung zeigt sich über das vorwiegend positive Testergebnis erfreut: "Wir konnten feststellen, dass es im Vergleich zu früheren Testergebnissen deutliche Verbesserungen gibt. Es wird offenbar allmählich auch in diesem Bereich erkannt, dass Senioren eine nicht zu unterschätzende Zielgruppe sind. Eine weitere Zielgruppe mögen all jene sein, die das Prinzip der Einfachheit schätzen und mit den Spielereien eines Smartphones nur wenig anfangen können."

Den Platz des Testsiegers konnte sich das Doro Phone Easy 410 gsm sichern. Erfreulich: An zweiter Stelle findet sich mit dem Emporia Elegance auch ein österreichisches Produkt. "Gute" bzw. "sehr gute" Seniorenhandys bewegen sich preislich zwischen 80 und 200 Euro.

Einfache Handhabung
Die Hersteller legen ihr Augenmerk auf seniorenspezifische Bedürfnisse wie deutlich Sehen, gut Hören, leicht Bedienen. Demzufolge konzentrierte sich der Test des VKI auf Faktoren wie einfache Handhabung beim Telefonieren (z.B. Nummer wählen, Kurzwahl einrichten, Sprachqualität), aber auch, wie einfach oder kompliziert die Menüführung, das Schreiben von Kurznachrichten oder das Einstellen von Sprechton- und Klingellautstärke zu handhaben sind. Nicht zuletzt war die Verständlichkeit der Bedienungsanleitung von Relevanz.

Bei der Sprachqualität brachten es zwei Drittel der Handys auf sehr gute Ergebnisse. Ähnliches gilt für die Tastatur: Hier machen sich Seniorenhandys in Sachen Bedienungsfreundlichkeit, Größe und Anordnung der Tasten überwiegend sehr gut. Die Testpersonen, die sich selbst als Wenigtelefonierer bezeichnen, kamen bei zwei Drittel der Geräte gut damit zurecht. Auch das Wählen über den Telefonbucheintrag funktionierte - mit Ausnahme von Auro, Hagenuk, Hyundai und Sentel - überwiegend sehr gut.

Selbst das Schreiben von SMS bereitete den Testpersonen bei der Mehrzahl der Produkte keine Schwierigkeiten - was man den großen Tasten, aber wohl auch dem wachsenden Geschick der älteren Zielgruppe zuschreiben mag. "Zu einfach hält sich hier dann aber wohl das Sentel 600: Es bietet überhaupt keine Möglichkeit, SMS zu schreiben. Stattdessen haben sich die Hersteller entschieden, mit einer komplizierten Menüführung und einer unübersichtlichen Bedienungsanleitung zu verwirren. Das ist insofern schade, da es über ein kleines, gutes Display verfügt und auch das Einstellen von Sprech- oder Klingeltonlautstärke sehr einfach zu handhaben sind", resümiert Paul Srna, VKI-Projektleiter im Bereich Neue Medien.

Hilfe im Notfall
Im Bereich der Tasten weisen die Seniorenhandys eine weitere Besonderheit auf: Zwei Drittel der getesteten Modelle sind mit einer Notruftaste ausgestattet. Diese sorgt dafür, dass die eingespeicherten Nummern immer wieder angewählt werden - so lange, bis jemand antwortet. Gleichzeitig wird das Handy automatisch auf Freisprechen geschaltet, ohne selbst etwas dazu tun zu müssen.

"Der Vorteil liegt auf der Hand: Bei Stürzen, Herzattacken oder einem Diabetesanfall kann der Betroffene schnell und einfach Hilfe herbeirufen", so Paul Srna, "Die Notruftaste ist eine Funktion, die aus unserer Sicht bei deklarierten Seniorenhandys Standard sein sollte."

Angestaubtes Image abgelegt
Seniorenhandys sind bzw. sollten zwar grundsätzlich einfach zu bedienen sein. Doch auch wer auf Zusatzfunktionen Wert legt, kommt in der Regel nicht zu kurz. Mehr als die Hälfte der getesteten Geräte verfügt über ein eingebautes Radio; immerhin drei auch über eine Kamera (Nokia 7020 und 7230 sowie LG GD550). Mit einer Ausnahme sind alle Geräte mit einem Kopfhöreranschluss ausgestattet und mit zwei Geräten (Nokia 7230 und LG GD550) kann man sogar im Internet surfen und E-Mails abrufen.

Der VKI kommt daher zu dem Schluss, dass Seniorenhandys in Funktionalität und Qualität weit besser als ihr angestaubtes Image sind. Sie punkten insbesondere in den Bereichen Benutzerfreundlichkeit, Display- und Sprachqualität, wenn auch die Bedienungsanleitungen häufig noch Hürden in den Weg legen. Erzeugt und vertrieben werden Seniorenhandys vorwiegend von darauf spezialisierten Nischenanbietern; "große" Herstellernamen sind rar. Mit dem Emporia Elegance konnte zudem ein österreichisches Unternehmen ein sehr gutes Ergebnis erzielen: die emporia Telecom mit Sitz in Linz.

Weitere Informationen zum Test bzw. zur Erhältlichkeit der getesteten Seniorenhandys finden Sie auf im Testmagazin Konsument .

(red)