Streit um Mehrwertsteuer-Rückerstattung für UMTS-Lizenzen: Fall nun beim EuGH

Hiobsbotschaft für Finanzminister Karl-Heinz Grasser: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) prüft, ob die Mehrwertsteuer bei der Versteigerung von Funkfrequenzen für die nächste Mobilfunkgeneration UMTS zurückgezahlt werden muss. Es war die europaweit teuerste Versteigerung in der Geschichte, Österreich Finanzminister durfte sich über 832 Mio. Euro freuen, in Deutschland spülte die Auktion unglaubliche 51 Mrd. Euro in die Staatskasse.

Bekommen die Mobilfunker - allen voran T-Mobile Österreich, Tochter der Deutschen Telekom - recht, dann muss Grasser auf 140 Mio. Euro verzichten.

Vorstoß von Österreich aus
Österreich wurde für den europaweiten Vorstoß gewählt, da die österreichischen Gerichte in strittigen Fällen oft den EuGH anrufen und durch die in Österreich vergleichsweise geringen Lizenzkosten auch niedrige Gerichtskosten anfallen. Das österreichische Finanzministerium sah den Klagen zuletzt "gelassen" entgegen. Für die Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuer-Ausweis sei es erforderlich, dass die zu Grunde liegende Leistung von einem Unternehmer erbracht werde, hatte es im November 2003 geheißen, als die Klage bei einem österreichischen Erstgericht eingereicht wurde.

Entscheidung frühestens in zwei Jahren
Die Kläger berufen sich auf die sechste Umsatzrichtlinie der EU. Sie besagt, dass der Staat für Leistungen auf dem Gebiet des Fernmeldewesens eine Umsatzsteuer verrechnen muss, wenn sein Handeln von beachtlicher wirtschaftlicher Bedeutung ist, so die FTD. Im deutschen Finanzministerium übt man sich hingegen in Zweckoptimismus. Wie das Ministerium mitteilte, habe der Staat bei der UMTS-Auktion "hoheitliche Aufgaben" wahrgenommen, und dafür die falle keine Steuer an. Der EuGH muss nun entscheiden, ob die sechste EU-Mehrwertsteuerrichtlinie auf Mobilfunk-Konzessionsvergaben durch den Staat anwendbar ist. Mit einer Entscheidung des EuGH ist allerdings frühestens in zwei Jahren zu rechnen.

Europäischer Präzedenzfall
Die sechs österreichischen UMTS-Lizenznehmer - Mobilkom Austria, T-Mobile, One, tele.ring, Hutchison und die mittlerweile nicht mehr in Österreich tätige Telefonica - hatten Ende November 2003 - genau drei Jahre nach der Versteigerung der UMTS-Lizenzen und damit kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist - eine Klage gegen die Republik Österreich auf eine 20-prozentige Mehrwertsteuer-Rückerstattung eingereicht.

Deutschland droht 7 Mrd.-Rückzahlung
Ein Erfolg der Klage der österreichischen Betreiber würde einen Präzedenzfall in Europa schaffen, weil auch in den anderen Ländern die Betreiber auf Rückzahlung der Mehrwertsteuer klagen würden. Allein in Deutschland könnte dies dem deutschen Staat 7 Mrd. Euro kosten.

Deutsche Prozesskosten höher
Von einer Klage gegen den Bund hatten die deutschen Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone D2, E-Plus, O2 sowie die inzwischen aus dem Markt ausgeschiedenen Anbieter mobilcom und Quam bisher jedoch abgesehen. Denn angesichts des Auktionserlöses hätten die Gerichtskosten dort rund 60 Mio. Euro betragen. Da die sechs UMTS-Lizenzen in Österreich lediglich für 832 Mio. Euro vom Staat an die Unternehmen vergeben wurden, sind die Prozesskosten dort geringer als in Deutschland.

Preiswerter Versuchsballon
In der Branche waren der österreichische Prozess und die von den Klägern angestrebte Vorlage beim höchsten europäischen Gericht daher als "preiswerter Versuchsballon" bewertet worden. "In Deutschland hätten wir bis zu neun Millionen Euro Gerichtskosten zahlen müssen, hier waren es 1.200 Euro", sagte Imke Gerdes von der internationalen Anwaltskanzlei Baker und McEnzie.

Deutsche Betreiber reagieren verhalten
Die Mobilfunkunternehmen in Deutschland reagierten zumeist verhalten darauf, dass sich nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der UMTS-Klage zur Steuerrückerstattung beschäftigt. Ein Sprecher von T-Mobile sagte, die Vorlage beim Europäischen Gerichtshof entspreche den Erwartungen. Sprecher von Vodafone D2 und E-Plus sagten, da noch keine Entscheidung gefallen sei, müsse diese abgewartet werden.

Mobilcom spricht vom "Etappensieg"
Ein Sprecher von Mobilcom wertete die Vorlage in Luxemburg hingegen als "Etappensieg". Mobilcom hat seine Lizenz inzwischen ersatzlos an den Staat zurückgegeben, da nach Streit mit Großaktionär France Telecom auf den Aufbau eines UMTS-Netzes verzichtet wurde. (apa)