Nach geplatztem TA-Deal: Aktie und ATX brechen ein, ÖIAG verkauft 17% über Börse

Turbulenzen nach dem geplatzten Telekom-Austria-Verkauf an die Swisscom. Die Aktie wird kurzzeitig vom Handel ausgesetzt, bricht nach der Unterbrechung zwischenzeitlich um 20% ein und zieht auch den ATX um 4,5% nach unten. Die ÖIAG wird jetzt wie geplant 17% der Anteile via Börse verkaufen. Im Mittelpunkt auch Finanzminister Grasser, der mitentschieden hat, die Verhandlungen zu stoppen. Die SP will deswegen jetzt eine Ministerklage einbringen.

Die ÖIAG begründet den Rückzieher mit einer Reihe offener Fragen, die die für Sonntag anberaumte Entscheidung verunmöglicht hätten. Die Siwsscom hingegen spricht offen von einer "politischen Entscheidung" in Österreich.

Das Unternehmen hat durch den Aktieneinbruch an einem Tag 1,4 Mrd. Euro an Wert verloren. Nach den seit Ende vergangener Woche durchgesickerten Informationen über den Deal war es in den Tagen davor zu einem massiven Run auf das Papier gekommen.

Das zwischen ÖIAG und Swisscom ausverhandelte Modell hätten auch dem Streubesitz einen Stückpreis von etwa 15,45 Euro pro Aktie gebracht. Stattdessen ist die TA-Aktie nach Platzen des Deals am Donnerstag mit 11,40 Euro aus dem Handel gegangen. Sowohl Sisscom als auch ÖIAG hatten am Nachmittag mehrfach klar, dass die Gespräche beendet seien und es mit dem Platzen der Gespräche keine Verflechtungsgespräche mehr zwischen TA und Swisscom geben werde.

Verkauf nun wie geplant via Börse
Die ÖIAG will nun wie ursprünglich geplant ein Aktienpaket von 17 Prozent über die Börse veräußern, danach hält die Staatsholding (ohne 5-Prozent-Wandelanleihe) noch 25 Prozent an dem österreichischen Telekom-Konzern. Experten bezweifelten allerdings, dass die Börseplatzierung noch heuer über die Bühne gehen kann. ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis schloss daher eine Verschiebung der Platzierung auf 2005 nicht aus.

Über den eigentlichen Grund des Scheiterns des Deals mit der Schweiz gaben das Management von ÖIAG und Telekom Austria in einer eilig einberufenen Pressekonferenz in den Nachmittagsstunden nur vage Auskunft. Zwar seien "95 Prozent der Hausaufgaben gemacht worden", sagte ÖIAG-Aufsichtsratschef Alfred Heinzel. Offene Punkte hätte es aber sowohl noch zwischen den Unternehmen als auch auf politischer Ebene gegeben. Oft seien eben "im Leben die Letzen 5 Prozent die entscheidenden", meinte Telekom Austria-Chef Heinz Sundt.

Swisscom macht Politik für Scheitern verantwortlich
Ganz anders sieht man das in der Schweiz: Die verbleibenden 5 Prozent hätten seiner Meinung nach "keine wesentlichen Veränderungen mehr ergeben", meinte Swisscom-Chef Jens Alder in einer kurzfristig einberufenen Telefonkonferenz. Letztendlich sei der Abbruch der Gespräche von österreichischer Seite eine "politische Entscheidung" in Österreich gewesen. Der Swisscom-Chef gesteht allerdings auch selbst mögliche Verhandlungsfehler in der Endphase ein. Die Swisscom habe zuletzt noch einmal eine Zeitverlängerung beantragt, was "bei so einem komplexen Deal nichts unübliches" sei, "bei dem sehr filigranen politischen Entscheidungsprozess" in Österreich aber vielleicht falsch aufgefasst worden sei.

Weisung von Schüssel an Grasser?
Gröbere Differenzen - außer über die Fristverlängerung - soll es zwischen ÖIAG und Swisscom ansonsten nicht mehr gegeben haben, heißt es hinter vorgehaltener Hand auch in Wien. Vielmehr soll es eine Weisung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel an Finanzminister Karl-Heinz Grasser gegeben haben. Auch Vizekanzler Hubert Gorbach, gebürtiger Vorarlberger, soll Bedenken im Zusammenhang mit den Vorarlberger Landtagswahlen im September angemeldet haben, hört man aus Verhandlungskreisen.

Finanzminister Grasser selbst sah das am Donnerstag anders. Er führt das Scheitern des Deals auf "eine ganze Reihe von harten österreichischen Bedingungen" zurück, über die "die Schweizer nicht drüberspringen" konnten. Vor allem soll es laut Wiener Regierungskreisen um ausreichenden Einfluss Österreichs gegangen sein, um Mitspracherechte, das Headquarter Wien und die Sicherung von österreichischen Arbeitsplätzen. Der Swisscom-Vorstand habe dies zugesagt, der Verwaltungsrat der Swisscom hätte den Bedingungen aber nicht zustimmen wollen, hieß es am Abend aus der Regierung.

Völliges Unverständnis für diese Argumentation kommt von Swisscom-Chef Alder: Der Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) der Swisscom sei in den gesamten Entscheidungsprozess eingebunden gewesen und "voll und ganz" hinter den Verhandlungen gestanden. Und auch die ÖIAG hatte zuvor eigentlich betont, dass man sich über das Headquarter in Wien und die Mitspracherechte geeinigt habe.

SP kündigt Ministerklage gegen Grasser an
Während der geplatzte Deal bei den TA-Belegschaftsvertretern Jubel auslöste, kündigte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer eine Ministeranklage gegen Finanzminister Grasser an, da durch dessen Vorgehen dem österreichischen Kapitalmarkt, dem einzelnen Aktionär und dem Wirtschaftsstandort massiver Schaden zugefügt worden sei. Die ÖIAG-Spitze müsse wegen "nachweislicher Inkompetenz" sofort abgelöst werden. Vizekanzler Gorbach hingegen zeigte umgehend "großes Verständnis" für den Abbruch der Gespräche - ebenso wie der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, der von einer Reihe von guten Gründen sprach, diesen Deal nicht zu machen.
(apa/red)