Handymasten-Steuer: Gorbach will "Murks-gesetz" im August in Ministerrat einbringen

Handymasten-Steuer: Gorbach will "Murks-gesetz" im August in Ministerrat einbringen

Ein von Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach (B) bei der Rundfunk- und Regulierungsbehörde RTR in Auftrag gegebenes Gutachten belegt nun, dass die niederösterreichische Handymasten-Steuer in einigen Punkten verfassungs- und EU-rechtswidrig ist. Gorbach will das Gesetz daher Mitte August in den Ministerrat einbringen und die Regierungsmitglieder davon überzeugen, gegen die Abgabe Einspruch zu erheben. Die Einspruchsfrist läuft bis zum 17. August.

"Das Gesetz ist ein Murksgesetz, das werden wir verhindern müssen", sagte Gorbach bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Telekomregulator Georg Serentschy. Sollte im Ministerrat keine Einstimmigkeit über eine Einspruch erzielt werden, werde er alle Mittel ausschöpfen, um das Gesetz zu Fall zu bringen und auch verfassungrechtliche Klagen unterstützen, damit das Gesetz nicht auch in anderen Bundesländern Schule mache. Im Vorfeld der Ministerratsabstimmung will Gorbach auch die niederösterreichischen Landespolitiker und Experten von seinen Gegenargumenten überzeugen.

In der Branche wird allerdings erwartet, dass es im Ministerrat keine Einstimmigkeit über einen Einspruch geben wird, da in erster Linie die beiden niederösterreichischen Regierungsmitglieder, Innenministerin Liese Prokop (V) und Landwirtschaftsminister Josef Pröll - Neffe des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll (V) - nicht gegen ihren Landeshauptmann stimmen werden. Dass die Regierung an dem Streit über die Handymasten-Steuer zerbrechen könnte, glaubt Gorbach nicht, wie er heute betonte.

Steuer verfassungswidrig
Die niederösterreichische Handymasten-Steuer sei verfassungswidrig und verfassungsrechtlich bedenklich und widerspreche auch dem EU-Recht, betonte Gorbach. Das Gesetz basiere auf falschen oder falsch interpretierten Zahlen, schade den Konsumenten durch höhere Handytarife und dem Wirtschafts- und Technologiestandort Österreich, da es sich investitionshemmend auswirke. Das Sendeanlagenabgabegesetz sei ein "massiver Angriff auf Bundesinteressen" und bedinge einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden.

Das Gesetz diene vorrangig der "Geldbeschaffung", der Lenkungseffekt sei daher mehr als fraglich, so der Vizekanzler. Die Bundesregierung müsse daher ein "massives Interesse haben, das Gesetz zu beeinspruchen" und andere Maßnahmen für den Ortsbildschutz zu suchen. Es könne auch nicht sein, dass einerseits Steuern gesenkt und Bürokratie abgebaut und andererseits neue derartige Steuern eingeführt würden.

Wettbewerbsverzerrung
Das Gesetz sei gleichheitswidrig, das Bestimmtheitsgebot werde verletzt, die Interessen des Bundesgesetzgebers bzw. das Telekomgesetz würden torpediert und es werde gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen, zitierte Serentschy aus dem heute präsentierten rechtlichen Gutachten. Die Abgabepflicht betreffe beispielsweise nur Mobilfunkbetreiber und nur Sendeanlagen auf privatem Grund, was zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. Die Mehrfachnutzung von Masten sei außerdem häufig aus baurechtlichen und statischen Gründen nicht möglich. Auch sei nicht klar, was der Gesetzgeber unter "Sendeanlage" verstehe - in der Fachsprache sei damit nämlich die Halterung für Sender gemeint.

Ein weiteres Gutachten zu den technischen Details der Handymasten-Steuer, zu Möglichkeiten der Mehrfachnutzung von Masten und zu anderen Lenkungsmaßnahmen zur Masten-Reduktion soll bis Mitte Juli vorliegen. Serentschy verwies auch auf verwunderte Anrufe von potenziellen Investoren im Zuge des laufenden tele.ring-Verkaufs, die den Gesetzesbeschluss über Nacht kritisierten. Dadurch verliere der Wirtschaftsstandort Österreich an Attraktivität.

62 Millionen Euro pro Jahr
Die niederösterreichische Handymasten-Steuer verursache den Mobilfunkbetreibern Kosten von 62 Mio. Euro pro Jahr, berichtete Gorbach. Außerdem sei die Zahl der gemeinsam genutzten Masten in Österreich mit 38,2 Prozent und in Niederösterreich mit 50,2 Prozent höher als bisher angenommen. (apa)