Handymasten-Steuer bleibt: Experten erwarten keinen Regierungseinspruch

Die vom Niederösterreichischen Landtag kürzlich beschlossene Handymasten-Steuer dürfte trotz breiter Empörung in der Mobilfunkbranche und politischer Öffentlichkeit und trotz verfassungsrechtlicher Widersprüche tatsächlich ab Jänner 2006 eingehoben werden. Die Bundesregierung werde von ihrem Einspruchsrecht gegen den Gesetzesbeschluss keinen Gebrauch machen, hieß es aus Expertenkreisen am Freitag am Rande eines Regulierungssymposiums zur APA. Die Abgabe sei auf höchster politischer Ebene akkordiert.

Auch der Leiter des Bereichs Post und Telekom im Infrastrukturministerium, Alfred Stratil, glaubt nicht daran, dass die Bundesregierung das so genannte NÖ-Sendeanlagenabgabengesetz kippen werde. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) selbst habe sich als "Föderalist deklariert" und das "Steuererfindungsrecht der Länder unterstrichen", sagte Stratil in Wien beim "1. Österreichisch-Deutschen Regulierungssymposium".

Infrastrukturminister Hubert Gorbach (F) hatte diese Woche mehrmals bekräftigt, er werde sich für Einspruch der Bundesregierung einsetzen. Aus Branchenkreisen hieß es jedoch zur APA, es sei nicht damit zu rechnen, dass die beiden niederösterreichischen Regierungsmitglieder, Innenministerin Liese Prokop (V) und Landwirtschaftsminister Josef Pröll (V) und Neffe des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll (V) gegen ihren Landeshauptmann stimmen werden. Für einen Einspruch der Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluss - die Frist dafür beträgt acht Wochen - wäre ein einstimmiger Beschluss im Ministerrat notwendig.

Schüssel gab sich am Donnerstagabend in der ORF-Sendung "Niederösterreich heute" im Zusammenhang mit der NÖ Sendeanlagenabgabe zurückhaltender als Gorbach. Der Regierungschef sagte, er kenne das Gesetz im Detail noch nicht und werde es prüfen lassen. Die Verantwortung liege beim Land Niederösterreich.

Klage gegen Handymasten-Steuer bei VfGH?
Sollte die Bundesregierung von ihrem Einspruchsrecht gegen die in Niederösterreich kürzlich beschlossene Handymasten-Steuer - wie in der Branche erwartet - tatsächlich keinen Gebrauch machen, werden die österreichischen Mobilfunkbetreiber den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anrufen. Gekippt werden könnte das Gesetz auch durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Die Handymasten-Steuer in Niederösterreich sei "unter falschen Voraussetzungen" beschlossen worden, der Ball liege nun bei der Bundesregierung, sagte der Chef der Mobilfunk-Lobbyingorganisation FMK (Forum Mobilkommunikation), Thomas Barmüller kürzlich. Sollte die Regierung nicht Einspruch gegen die niederösterreichische Regelung erheben, würden die Mobilfunker zum Verfassungsgerichtshof gehen. Das Gesetz schade der Branche massiv, es gehe um den "Lebensnerv der Mobilfunkbranche".

Kippen könnte das niederösterreichische Sendeanlagenabgabegesetz auch der EuGH, der im März 2000 auch die österreichische Getränkesteuer auf alkoholische Getränke als nicht-EU-konform aufgehoben hat. Am Europäischen Gerichtshof läuft nämlich gerade ein Verfahren gegen die Einhebung einer Handymasten-Steuer in Belgien.

"Grün-blaue-Koalition"
In der kommenden Sitzung des Landesparlamentes am 30. Juni wird es eine "grün-blaue-Koalition" geben. Die Parteien haben sich nämlich darauf verständigt, gemeinsam eine Aktuelle Stunde zu beantragen.

"Wir werden die Handymasten-Steuer noch ein Mal thematisieren", bestätigte Klubofrau Madeleine Petrovic (G). Die Abgabe sei "Unsinn". Die Freiheitlichen würden "auf die Barrikaden" steigen, weil die Steuer das Telefonieren für NÖ-Handybesitzer empfindlich zu verteuern drohe, sagte Gottfried Waldhäusl (F). Weil es "um die Sache geht", würden die Freiheitlichen auch "kräftig über ihren Schatten springen": Dass dem Wildwuchs von Handymasten Einhalt geboten werden müsse, sei keine Frage, so Waldhäusl. Aber dafür eine neue Steuer zu erfinden, "geht zu weit". (apa/red)