Elektronische und virtuelle Trauer: Polen organisieren Gedenkaktionen per SMS

Um ihre Betrübnis über den Tod von Papst Johannes Paul II. zu bekunden, nutzen vor allem die jungen Polen alle Formen der modernen Kommunikation. Eine SMS oder ein E-Mail reicht zur Verständigung aus, damit sich Tausende von Trauernden an einem bestimmten Ort einfinden und dem Kirchenoberhaupt die letzte Ehre erweisen. Als Fernsehsender über den Todeskampf von Johannes Paul berichteten, erhielten Tausende von Polen die SMS-Nachricht: "Lasst uns vereint für die Gesundheit des Heiligen Vaters beten und im Fenster eine Kerze anzünden."

Minuten später waren Häuser, ja ganze Wohnblocks, im ganzen Land erleuchtet. In Krakau verabredeten sich Studenten innerhalb einer Stunde zu einer Zusammenkunft, die das Internet-Portal "Gadu Gadu" koordiniert hatte. Mit Gitarren und Trommeln eilten sie auf den so genannten Blonia, eine Wiese, auf der der Papst während seiner Polenbesuche gepredigt hatte.

Koordination via Handy
Die Koordinierung der Trauerarbeit per Handy und Internet prägt die Woche nach dem Ableben de Heiligen Vaters. Im World Wide Web gibt es eine laufend aktualisiert Liste mit den nächsten gemeinsamen Gedenkaktionen. Für den morgigen Donnerstag, 21:00 Uhr, etwa heißt es dort: "Nehmt ein Grablicht, und stellt euch entlang der Johannes Paul II.-Straßen im ganzen Land auf."

Auch der "Weiße Marsch" am Montag in Krakau, wo Karol Wojtyla Erzbischof war, wurde im Internet initiiert. 150.000 Menschen waren gekommen. Am Donnerstag soll es wieder einen derartigen Marsch geben.

Virtuelle Trauer
Die Polen trauern nicht nur auf elektronischem Weg, sondern auch virtuell. Nach dem Ableben des Papstes ist es üblich geworden, an E-Mails ein spezielles Zeichen anzuhängen, das aus geschlossenen eckigen Klammern mit einem Apostroph in der Mitte besteht. Es soll ein Grablicht symbolisieren.

Für Freitag, dem Tag der Beisetzung Johannes Pauls, sind die User von Gadu Gadu aufgerufen, ihrem Pseudonym folgende Worte anhängen: "Heiliger Vater, Du hast uns gesucht, jetzt haben wir Dich gefunden." Der Satz bezieht sich auf ein an die Jugend gerichtetes Zitat des verstorbenen Papstes.

Überregionale Gemeinschaft entsteht
Die elektronischen Medien machen es den Jugendlichen leichter, ihre Trauer miteinander zu teilen, meint der Psychologe Zbigniew Necki von der Jagiellonen-Universität Krakau. "So entsteht in diesen Tagen eine überregionale Gemeinschaft, wie sie Polen vielleicht noch nie erlebt hat", so der Wissenschaftler. (apa)