Die Programmmacher: Die Heimische Szene
für Handy-Anwendungen ist klein - aber fein

Für iPhone & Co existieren bereits 100.000 verschiedene Programme. Einige davon stammen aus Österreich. Die heimische Programmierszene für Handy-Anwendungen ist klein – aber besonders fein.

Es ist pure Magie. Man nehme ein iPhone, richte es mit dem Kameraauge auf jene Stelle, wo früher das World Trade Center stand, und schon erscheint das ehemalige Wahrzeichen New Yorks am Bildschirm in richtiger Größe und Perspektive. Bewegt man sich weiter weg, wird es kleiner, geht man rund um den Ground Zero, zeigt sich am iPhone-Display auch das WTC von allen Seiten, eingebettet in die reale Umgebung Manhattans.

Wikitude heißt das Zauberprogramm – und in der iPhone-Szene kennt es jeder. Wer nun die Magier hinter dieser faszinierenden Nummer sucht, muss dafür nicht ins Silicon Valley reisen – sondern nach Salzburg. Und wer dort ein großes Forschungslabor erwartet, wird abermals enttäuscht: Gerade ein kleines, schnörkelloses Zimmer im Erdgeschoß des Salzburger Gründerzentrums Techno-Z steht den Wikitude-Machern rund um den Erfinder Philipp Breuss-Schneeweis zur Verfügung. Hier wird auf einem halben Dutzend Arbeitsplätzen diskutiert, ausprobiert, programmiert. „Es ist völlig egal, wo man auf der Welt sitzt“, ist Wikitude-Mitentwicklerin Christina Rittchen überzeugt, „wir hätten es in den USA auch nicht leichter.“

In dieser Branche komme es auf Kreativität und Qualität an, wer vorne mit dabei sein will, müsse eine gute Idee haben, am Letztstand der Technik sein und konsequent daran arbeiten. „Dass wir es hier im kleinen Österreich nicht schaffen können, weltweit zur Spitze zu gehören, ist einfach falsch.“ Wikitude beweist das eindrucksvoll. Die Grundidee dahinter ist das Einblenden von Webinformationen zu der am Display dargestellten Umgebung, die man mit der Handykamera erfasst. Und damit ist die Salzburger Firma weltweit einzigartig; 200.000-mal wurde das Programm bereits von iPhone-Usern heruntergeladen.

15 bis 50 Entwickler
Die Szene der heimischen Programmierer, die für Apples iPhone oder andere Smartphones wie die Google-Handys (mit dem Android- Betriebssystem) kleine Applikationen entwickeln, die diese Handys zu individuell einsetzbaren Multifunktionsgeräten machen, ist überschaubar. Die Schätzungen liegen zwischen 15 und 50 Entwicklern, die sich von der Goldgräberstimmung haben anstecken lassen und glauben, mit ihren Miniprogrammen das große Geld zu machen, indem sie für ihre Software pro Download bis zu fünf Euro verlangen. Doch das weltweite Angebot ist bereits zu vielfältig, als dass einzelne Ideen tatsächlich so abheben könnten wie zu Beginn, als es gelang, mittels einfachster Spielchen mehrere hunderttausend Dollar zu lukrieren.

In Österreich gibt es erst eine Hand voll Programme, wie eben Wikitude oder Tripwolf – gemessen an der Größe des Landes dennoch eine beachtliche Leistung. „Die Bedingungen sind ja gar nicht schlecht“, erklärt Inkubator Markus Wagner. Die hohe Mobilfunkpenetration, der gute Ausbau der Netze und die avantgardistischen Anwandlungen der Mobilfunker, mobile Dienste weltweit als Erste anzubieten, führen dazu, dass Österreich ein guter Testmarkt für neue Anwendungen ist. Die Programmmacher haben aber gleichzeitig rasch erkannt, dass nur der Sprung über die Grenzen zu Werbeeinnahmen führen kann, die dem großen Erfolg entsprechen. Auch Wagner ist da mit seinen Schützlingen erst am Anfang, doch er ist überzeugt: „Diese Branche kann sich zu einer Leitindustrie für Österreich entwickeln.“

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