Der neue Boom der Online-Musik

Jetzt ist es endlich passiert: Das Internet ist für die Musikindustrie nicht mehr Feindbild Nummer 1, sondern ein boomender Geschäftszweig. Der vor kurzem veröffentlichte "Digital Music Report 2005" der ifpi, des internationalen Verbands der Plattenlabels, macht deutlich: 2004 wurde erstmals richtig Geld gemacht mit Digimusik aus dem Web, die Umsätze mit bezahlten Downloads stiegen von nahezu null auf einige hundert Millionen Dollar.

Erste Erfolgsbilanz. Die Fakten zum neuen Boom der - bezahlten - Online-Musik:

  • Die Zahl der legalen (kostenpflichtigen) Musikbörsen hat sich 2004 weltweit auf 230 vervierfacht. In Europa gibt es 150 Downloadshops in 20 Ländern; in Österreich sind derzeit fünf Anbieter aktiv.

* Über eine Million Musikstücke - von Chartshits bis Klassik - sind inzwischen in den Webshops digital zu haben. Vor einem Jahr waren es erst rund 500.000.

* Die Verkäufe über legale Downloadservices haben sich 2004 in den USA, Großbritannien und Deutschland gegenüber 2003 auf 200 Mio. Songs verzehnfacht.

* Laut Jupiter Research sollen sich die Umsätze am digitalen Musikmarkt heuer verdoppeln (Gesamtwert 2004: rund 330 Mio. Dollar). Innerhalb der nächsten fünf Jahre könnte der Online-Anteil am Musikgeschäft bei 25 % liegen.

* Erstaunlich: Parallel zum wachsenden Angebot auf den Bezahl-sites ging die Zahl der auf illegalen Gratisbörsen angebotenen Tracks von 900 Mio. im Jänner 2004 auf aktuell 870 Mio. zurück. Derzeit gibt es etwa 150.000 illegale Musiksites im Netz - 25 % weniger als vor einem Jahr.

Webmusik-Boom in Österreich. Auch hierzulande kommt Bezahlmusik aus dem Web in die Gänge:

* Laut einer aktuellen Umfrage kaufen 190.000 Österreicher Musik in Downloadshops. Die Anzahl der registrierten User hat sich im letzten Jahr vervierfacht.

* Die Österreicher sind im EU-Vergleich am besten über legale Downloadangebote informiert. Ergebnis einer GfK-Studie: 46 % quer durch alle Altersgruppen wissen, dass es Webmusikshops gibt (EU-Durchschnitt: 30 %).

* Der Anteil bezahlter Downloads am österreichischen Single-markt beträgt derzeit etwa 10 %, Tendenz steigend. Franz Medwenitsch, Geschäftsführer der ifpi Austria: "Für 2005 erwarten wir 300.000 bis 500.000 Downloads aus den Onlineshops."

* Erstes "offizielles" Ergebnis des neuen Booms: Seit Mitte März werden für das Hit-Ranking der "Austria Top 40" neben Singlescheiben auch gekaufte Downloads mitgezählt.

Die Online-Benefits. Warum die österreichischen Download-stores (siehe rechts) immer mehr eine echte Alternative zum CD-Kauf werden, liegt auf der Hand:

* War das Angebot vor einem Jahr noch relativ mickrig, stehen jetzt fünf Shops zur Auswahl. Der größte (Apple iTunes) hat stolze 700.000 Titel zur Auswahl, bei den anderen sind es immerhin auch rund 400.000.

* Umfassende Infos zu Musik und Interpreten, zahlreiche Exklusivangebote und Extras (Videos, Interviews) sowie Gratis-hörproben aller Songs machen den Einkauf selbst schon zum Vergnügen - rund um die Uhr.

* Preislich ist's meist auch günstiger, weil man nicht gleich das ganze Album kaufen muss, wenn nur ein paar Titel daraus wirklich gefallen. Großer Vorteil des Testsieger-Shops iTunes (weltweit über 1 Mio. verkaufte Downloads täglich, 70 % Marktanteil) ist der Einheitspreis von 99 Cent pro Titel und 9,99 Euro pro Album.

* Weiteres großes Plus bei iTunes sind die Nutzungsrechte der gekauften Downloads: Das Brennen auf CD ist unbegrenzt erlaubt. Bei den anderen Shops gelten für jeden Titel eigene Lizenzbestimmungen; hier kann man beim Durchklicken leicht die Geduld verlieren. Vor allem wenn es bei vielen aktuellen Hits dann heißt: Kopieren und Brennen verboten.

Jetzt kommen Handyshops. Der günstige Preis für Download-musik, den Apple-Chef und Marktmacher Steve Jobs etabliert hat, ist den Musiklabels nun, da das Onlinegeschäft anzieht, ein Dorn im Auge. Beim neuen Marktsegment der Handymusik (in Österreich gibt's bei One bereits eine Bezahlbörse, A1 folgt demnächst) wollen sie nun von Anfang an mitmischen. Und auch die Hardware-Industrie bastelt an Strategien, die Übermacht von Apples iPod (5,3 Mio. verkaufte Stück allein im letzten Quartal) zu brechen.