Frauen stürmen die Welt der Videospiele?
Weibliche Noten in einstiger Männer-Welt

Die meisten Frauen in der Welt der Computerspiele bestanden bisher aus Pixeln und Männerphantasien. Zu Pistolen-Lady Lara Croft und den Pinup-Girls in "Grand Theft Auto" gesellen sich aber zunehmend Frauen aus Fleisch und Blut. Immer mehr Spielerinnen verlassen die virtuelle Puppenstube der "Sims" und stoßen zu Egoshootern, Rollenspielen und Adventure-Games vor.

Programmiererinnen, Designerinnen und Technik-Studentinnen haben damit begonnen, selbst Spiele zu entwickeln und eine weibliche Note in das Milliardengeschäft der Videospielbranche zu bringen. "Damit diese Branche reift und sich weiterentwickelt, muss sie raus aus der Zielgruppe der 13- bis 35-jährigen männlichen Bevölkerung", sagt der Professor für Videospielentwicklung an der University of Southern California, Anthony Borquez. "Aus kommerzieller Sicht erscheint es sehr sinnvoll, Frauen viel mehr als bisher einzubeziehen."

Pandora's Mighty Soldiers
Aber das machen die Videospielschwestern schon selbst. Amber Dalton und Amy Brady haben in den USA vor vier Jahren den PMS-Clan gegründet. Die Abkürzung steht für "Pandora's Mighty Soldiers". Die Mitglieder sind neun bis 58 Jahre alt und spielen leidenschaftlich auf dem Computer, der Xbox oder der PlayStation 2.

Eigene Regeln im Gruppen-Umgang
Die Entdeckung des Clans sei für sie eine Offenbarung gewesen, berichtet die 24-jährige New Yorkerin Felicia Williams, die von sich sagt, dass sie jede Spielkonsole hat, die jemals auf den Markt gekommen ist. Die Frauen des Clans treten untereinander und gegen andere Clans zu Videospielwettbewerben an. Stolz sind sie auf ihre eigenen Regeln zum Umgang in der Gruppe. Das 30 Seiten umfassende Statut untersagt es, dass sich die Mitgliederinnen "niedermachen oder in irgendeiner Weise attackieren, auch nicht zur Vergeltung". Jungs könnten so gemein sein, sagt die 30-jährige Clan-Mitbegründerin Dalton. "Sie sagen mir, dass ich wohl 135 Kilogramm schwer sei und einen Schnurrbart habe. Dabei verstecken sie sich in der Anonymität des Spiels."

Von Microsoft engagiert
Der Ehrencodex des PMS-Clans und die turnierreifen Fähigkeiten der Mitgliederinnen haben die Aufmerksamkeit von Microsoft auf sich gezogen. Das Unternehmen engagierte den PMS-Clan für die renommierte Computerspielmesse E3. PMS-Frauen stellten dort Xbox Live vor, den Online-Bereich der Spielkonsole. "Sie haben ein tolles Beispiel abgegeben", sagt Microsoft-Manager Aaron Greenberg. Wenn Frauen im Online-Spiel dabei seien, bekomme dieses eine sozialere Qualität. Professor Borquez stimmt zu: "Sie gestalten eigene Wege, um im Spiel zu kommunizieren. Vorher wurde viel zu viel Müll geredet."

Die "Frag Dolls"
Microsoft ist nicht das einzige Unternehmen, das nach Computerspielerinnen Ausschau hält. Der Spielehersteller Ubisoft gründete vor zwei Jahren eine eigene Spielerinnengruppe, die "Frag Dolls". Ihre sieben Mitgliederinnen sind dabei, wenn neue Spieltitel entworfen werden und treten in Wettbewerben an. "Es war eine angenehme Überraschung zu erleben, wie gut sie sind", sagt Ubisoft-Sprecher Michael Beadle.

Paradigmenwechsel in Spielwelten?
Die meisten Frauen beim PMS-Clan spielen etwa drei Stunden am Tag. Zurzeit sind "Halo 2" und "Ghost Recon" am meisten angesagt. Computerspiele spiegeln die Besonderheiten ihrer Entwickler wieder, sagt die Computerspiel-Designerin Williams. Daher seien die weiblichen Charaktere in Rollenspielen oft negativ besetzt. Das werde sich ändern, wenn mehr Frauen in die Computerspielbranche gelangten. (APA/red)