"Europäischer Markt birgt viel Potenzial":
Playstation-Boss Andrew House im Gespräch

Seit April dieses Jahres lenkt er das PlayStation-Business in Europa: Andrew House, gebürtiger Brite und seit 20 Jahren bei Sony. E-MEDIA traf ihn auf der Spielemesse E3 in Los Angeles und sprach mit ihm über die PSPgo, den Motion Controller für PS3 – und enttäuschte Erwartungen.

Sie haben das Amt als Sony-Europa-Chef von David Reeves übernommen. In welcher Verfassung ist das Playstation Geschäft in Europa?

House: Ich freue mich darüber ,eine Organisation zu leiten, die bislang unglaublich gut gemanagt wurde. Das Geschäft ist in sehr guter Verfassung und ich bin davon überzeugt, dass ein weiteres Wachstum nicht nur, sondern besonders in Europa stattfinden wird: Im Bereich der Netzwerk-Inhalte, der unser bislang bestehendes Verhältnis zu den Gamern nach dem Kauf von Spielen erweitert, birgt der europäische Markt viel Potenzial. An Spielen wie Little Big Planet haben wir etwa so ein fortlaufendendes Konsumentenerlebnis erlebt.

Jeder hat zur E3 eine Preissenkung der Playstation 3 erwartet. Sie ist aber ausgeblieben.

House: Ich entschuldige mich schon im Vorhinein, weil ich etwas sagen werde, was Sie bereits von anderen Sony Geschäftsführern gehört haben. Die Preisstrategie ist für uns sehr eng mit dem Lebenszyklus der Playstation 3 verbunden. Wir waren die Ersten, die mit der Playstation 1 einen 10-jährigen Lebenszyklus boten und peilen dies auch mit der Playstation 2 an. Die Rechenpower der Playstation 3 und die Blu-ray-Fähigkeit geben ihr einen wesentlich längeren Lebenszyklus als er möglicherweise bei der Konkurrenz erreicht wird. In diesem Kontext der längeren Lebensdauer müssen wir den Zeitpunkt für eine Preissenkung genau abwägen.

Im Internet sind vor der E3 Bilder einer schlankeren Version der Playstation 3 aufgetaucht. Da eine Ankündigung ausblieb, dürfte es sich um eine Fälschung handeln. Was können Sie dazu sagen?

House: Die Branche lebt zwar zum Teil davon, dass sie jede Menge Gerüchte und Spekulationen aufwirbelt. Wie Sie wissen, kommentieren wir diese unterschiedlichen Gerüchte aber nie.

Die neue PSPgo hat die gleichen Features wie die herkömmliche PSP. Sie besitzt keine Bewegungssensoren, hat keine Kamera und auch keine zwei Analogsticks. Warum hat sich Sony dazu entschieden, die ursprünglichen Spezifikationen großteils beizubehalten und grundlegende Verbesserungen auszulassen?

House: Man muss viele Entscheidungen bei der Konfiguration eines neuen Geräts treffen. Natürlich muss man Prioritäten setzen und das haben wir bei der PSPgo sehr klar gemacht. Die erste ist offensichtlich der Formfaktor. Für uns war es sehr sichtig, ein Gerät zu haben, das wirklich tragbar ist, also in die Hosentasche gesteckt werden kann und kaum Gewicht hat. Der zweite wichtige Faktor war für uns die Bereitstellung von Inhalten in Form von Downloads. Die PSPgo ist also als Ergänzung zu unserem PSP Lineup zu verstehen, die besonders Kunden mit Vorliebe zu digitalem Content-Konsum anspricht. Es wäre natürlich wundervoll gewesen, alles Erdenkliche zu inkludieren, aber man muss ein paar Entscheidungen treffen und ich denke, wir haben die richtigen gemacht. Das Feedback ist bislang jedenfalls sehr, sehr positiv.

Sind Downloads in Bezug auf Piraterie nicht ein Risiko?

House: Das Problem der Piraterie besteht unabhängig von physischen Medien oder einer digitalen Download-Umgebung . Die Bedrohung bleibt in beiden Fällen. Für unsere Industrie wesentlich, dass wir Wechsel und Verlagerung im Verhalten der Kunden ernst nehmen müssen. Und der Konsument scheint sich eindeutig dafür zu entscheiden, Inhalte via Download zu bevorzugen. Es ist für Sony sehr wichtig, diesem Trend Folge zu leisten – und das fast schon bevor der Konsument dazu bereit ist. Andernfalls wären wir in einer sehr reaktiven Position.

Wie passt die Playstation 3 dabei ins Bild? Auf der PSP stellt man sich auf Downloads ein und doch wird für die Playstation 3 Blu-ray als wesentliches Verkaufsargument positioniert.

House: Man darf nicht vergessen, dass es zwei sehr unterschiedliche Trends in unserer Industrie gibt. Einerseits wollen Konsumenten – wie bereits vorhin erwähnt – jederzeit und überall Zugriff auf digitale Inhalte. Andererseits gibt es seit Jahren das Bestreben, größere, tiefgehendere und eindringlichere Spielerlebnisse zu kreieren, die sehr, sehr datenintensiv sind. Wir haben in der Vergangenheit etwa nicht damit gerechnet, auf der Playstation 2 jemals ein DVD-basiertes Spiel zu erleben. Nach zwei Jahren gab es auf der Plattform aber schon Spiele die zu groß für eine CD waren. Die wesentliche Herausforderung besteht natürlich darin, beide Trends gleichzeitig zu bedienen. Bei der Nachrichtenflut der E3 ist ferner untergegangen, dass Sony auf Basis des Netzwerkgedankens die Interoperabilität zwischen PSP und PS3 intensivieren will. Es liegt an der Kreativität der Entwickler, dies auch auszunutzen, aber die technischen Voraussetzungen sind nun gegeben.

Nintendo wartet mit dem Add-On Wii Motion Plus auf, Microsoft präsentierte Natal und auch Sony stellte einen neuen Motion Controller vor. Offensichtlich scheinen sich alle vom klassischen Gamepad zu entfernen.

House: Ich würde das Rad der Zeit ein wenig zurück drehen und sagen, dass wir mit Eyetoy und SingStar Motion Controller und soziale Spielaspekte bereits vor der Konkurrenz hatten. Das sind also keine neuen Bereiche für uns. Vielmehr möchte ich zwei Punkte hervorstreichen: Erstens ist das, was wir auf der E3 gezeigt haben, eine Erweiterung des herkömmlichen Spielerlebnisses und keine Selbstinszenierung der Technik. Zweitens wollen wir einen ausgereiften Motion Controller auf den Markt bringen, der einen weiteren Aspekt des Playstation-Erlebnisses darstellt. Die Technologie soll aber kein Ersatz für bisherige Erlebnisse sein.

Ist die Playstation 2 eigentlich noch am Leben?

House: Das hängt ganz vom Markt ab. In den USA verkauft sie sich beispielsweise nach wie vor sehr gut. Es wird Märkte geben, die sich schneller bewegen. Grundsätzlich ist diese Plattform aber immer noch ein profitabler Zweig unseres Geschäfts.

(Interview: Manfred Huber, Übersetzung: Benjamin Brandtner)