3DS im TEST: Der nächste Nintendo-Hit?
Handheld will mit 3D ohne Brille verzaubern

3D wird von der Unterhaltungsindustrie derzeit schwer gehypt. Keine Frage. Fakt ist aber auch, dass 3D-Fernseher immer noch ein Dasein als Ladenhüter fristen. Fragt man bei Konsumenten nach, wie es etwa DisplaySearch getan hat, erfährt man rasch die Gründe dafür: Die Handhabung der notwendigen Brillen sei mühsam und die Anschaffung generell teuer. Der japanische Hersteller Nintendo scheint diese Bedenken aufgegriffen zu haben und startet ab sofort mit dem 3DS auch in Österreich eine tragbare Spielkonsole, die für stereoskopisches 3D keine Brille benötigt und mit knapp 250 Euro relativ erschwinglich erscheint.

Dabei hat sich der japanische Unterhaltungskonzern mit 3D schon einmal kräftig die Finger verbrannt. Kurzer Rückblick: Bereits 1995 erschien mit dem Virtual Boy in Japan und den USA ein skurriles 3D-Visier, das seiner Zeit, aber auch leider den damaligen technischen Möglichkeiten weit voraus war. Mit knapp 800.000 verkauften Einheiten avancierte die Konsole zum größten Flop der Firmengeschichte und kostete sogar Videospiel-Legende und Game-Boy-Erfinder Gunpei Yokoi den Job.

Warum also wieder ein 3D-Experiment? Nintendo braucht einen "Game-Changer", um sich von der zunehmenden Konkurrenz der Handyspiele abzuheben und damit auch die vergleichsweise höheren Preise zu rechtfertigen. Verblüffend: Die dafür verwendete Technologie ist gar nicht einmal so revolutionär.

Was gibt es Neues? Bitte aufklappen!
Auf den ersten Blick betrachtet unterscheidet sich der Nintendo 3DS kaum von seinem Vorgänger. Die Konsole ist wahlweise in "trendigem" Aqua-Blau oder klassischem Kosmos-Schwarz erhältlich und erwartungsgemäß hochwertig verarbeitet. Von außen deuten zunächst nur die zwei "Augen" der stereoskopischen 3D-Kamera (mit 640x480 Pixel) auf ein wirkliches Update hin. Erst im aufgeklappten Zustand lassen sich große Neuerungen ausmachen: Das obere autostereoskopische Display ist mit 3,5 Zoll größer als beim DS und löst mit 800x240 Pixel auf (400 Pixel pro Auge im 3D-Modus). Gleich daneben befindet sich ein Schieberegler, mit dem die Stärke des 3D-Effekts stufenlos eingestellt werden kann.

Darunter befindet sich ein resistiver Touchscreen mit einer Diagonale von 3 Zoll (320x240 Pixel), der nach wie vor am besten mit dem beiliegenden Stylus bedient wird. Bei den "Knopferln" hat sich im DS-Vergleich bis auf einen Home-Button für die Rückkehr in das Hauptmenü nichts geändert, die Steuerung ist sinnvollerweise um einen Analog-Stick auf der linken Seite ergänzt worden, dem sogenannten Circle Pad.

Was man nicht sieht: Im Inneren des 3DS werken zwei ARM11-Prozessoren mit einer kolportierten Taktrate von 266 MHz. Als Grafikchip kommt der sogenannte PICA200-Chip zum Einsatz, der bereits fünf Jahre am Buckel haben soll und hinsichtlich Performance ganz gut mit dem Grafikchip des ersten iPads vergleichen lässt. Dementsprechend ist auch die grafische Qualität irgendwo im Bereich von Playstation Portable und iPad anzusiedeln. Für die Internet-Konnektivität ist übrigens via WLAN gesorgt.

3D ohne Brille? Geht so!
Dreht man den Schieberegler nach oben, kommt man zum Dreh- und Angelpunkt dieser Konsole: Kann 3D ohne Brille auf diesem kleinen Screen funktionieren? Die Antwort lautet: Jein. Zugegeben, die ersten Minuten mit einer Demo-Version von Zelda 3D und anschließend Pilotwings Resort spielten sich wie das Wunschdenken eines Gamers aus den 90er Jahren und sorgten ein wenig für Gänsehaut. Die Plastizität der Charaktere einerseits und die Verspieltheit mit der Tiefenwirkung der Z-Achse andererseits sorgten für eine echte Überraschung. Viel Skepsis im Vorfeld ließ nicht so viel 3D vermuten.

Hat man die Konsole einmal länger in der Mangel, lässt dieser Wow-Effekt aber merklich nach. Das liegt zum einen daran, dass der Betrachtungswinkel bei der Autostereoskopie sehr begrenzt ist. Beim Bewegen oder Kippen der Konsole kommt es öfters zu Bildfehlern oder gar dem Verlust des 3D-Effekts. Mit Ruhighalten lässt sich das Problem aber nicht immer lösen, schließlich ist im 3DS sogar ein Beschleunigungs- und Lagesensor verbaut, um die Bewegungen des Nutzers in Spielen berücksichtigen zu können. Zum anderen ähnelt die Autostereoskopie der bekannten "Brillenlösung" dahingehend, dass auch hier ein Filter das Bild abdunkelt und zu merklichem Helligkeitsverlust führt. Nintendo hat den Schieberegler also nicht ohne Grund verbaut, für den Dauerbetrieb ist 3D auch hier zu mühsam. Nicht zuletzt die kurze Akkulaufzeit rückt den 3D-Modus in ein schlechteres Licht: Im Test reichte die Ladung nicht einmal für vier Stunden aus.

Was kann man spielen?
Für das "Startpaket" um 250 Euro erhält man neben dem Handheld, einer Dockingstation und einer SD-Karte mit 2 GB Speicher (dieser lässt sich übrigens austauschen und erweitern) auch einiges an vorinstallierter Software. Dies ermöglicht etwa 3D-Schnappschüsse mit der Kamera, das Erstellen von Miis und sogenannten Augmented Reality (AR) Games, bei denen das Spielerlebnis des 3DS mittels Kamera in die Umgebung "eingebettet" wird.

Diese AR Spiele sind in Verbindung mit dem mitgelieferten Kartendeck prinzipiell eine spielerische Bereicherung und führen lustigerweise ein bisschen zu den Anfängen Nintendos als Spielkartenhersteller. Gleichzeitig weisen sie aber auch stellenweise die Grenzen des Systems auf: Die Kombination von 3D-Effekt und Bewegungs-/Lagesensoren mag noch nicht so recht klappen. eShop und Internetbrowser sind erst zum Launch via Update verfügbar und konnten nicht getestet werden.

Wem das nicht reicht, nutzt die Abwärtskompatibilität zum DS oder nutzt das anfänglich noch schmale Portfolio von 13 3DS-Spielen (zu je 45 Euro). Tests dazu können sie detailliert HIER nachlesen. Vertraute und liebgewonnene Helden wie Super Mario, Link (Zelda) oder Samus Aran (Metroid) sucht man jedoch vergeblich. Nintendo verlässt sich stark auf Zugpferde anderer Entwickler, um mit Street Fighter, Splinter Cell, Die Sims oder Ridge Racer nur ein paar Beispiele zu nennen. Zwischen März und Juni sollen aber 30 weitere Titel für den 3D-Newcomer erscheinen, darunter auch die heißersehnte Neuauflage von Zelda Ocarina of Time 3D.

NEWS.at-FAZIT
Der 3DS versprüht zweifelsohne jene Nintendo-Magie, mit der das Unternehmen von Konsole zu Konsole Millionen Fans an sich zu binden weiß. Die Begeisterung über die geschickt inszenierte 3D-Tauglichkeit verblasst jedoch mit der Zeit ein wenig: Starke Blickwinkelabhängigkeit, ein dünklerer Bildschirm und nicht zuletzt die kürzere Akkulaufzeit bringen die Erkenntnis, selektiv mit der tragbaren dritten Dimension umgehen zu müssen. Ungeachtet der technischen Merkmale wird sich der Erfolg des 3DS erst in den nächsten Monaten herausstellen: Eine Konsole kann nämlich nur so gut sein wie ihre Software.

(Benjamin Brandtner)