Trojaner vor den Toren Athens: Olympias IT-System auf Herz und Nieren getestet

Wenn in diesen Tagen jemand in Athen Angst vor den Trojanern hat, dann spielt die antike Vergangenheit dabei nur bedingt eine Rolle. Stattdessen geht es um die Sicherheit des Computernetzes für Olympia, das vor Hackern, Viren und eben auch Trojanern geschützt werden will. Zuständig ist dafür der Franzose Claude Philipps von der Firma Atos Origin in Paris. Diese hatte schon bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City die Verantwortung für das Datenmanagement übernommen und ist jetzt auch für die Sommerspiele in Athen zuständig.

Aufgabe von Atos Origin ist vor allem die schnelle Übermittlung der Sportergebnisse, aber auch die Kontrolle von Zulassungen, die Verbreitung von Dopingberichten und das Bereitstellen von Hintergrundberichten. Mehr als 50 Millionen Seiten an Ergebnissen und Statistiken werden wohl auf Internet-Seiten und auf Papier veröffentlicht. Hinzu kommen 50.000 Seiten über die Spiele und die Athleten im Intranet.

IT-Anlage traktiert
"Seit Sydney (2000) hat die Bedrohung deutlich zugenommen. Es gibt mehr Hacker und mehr Viren", sagt Philipps. "Aber die Technik hat sich auch weiterentwickelt." Getestet wurde dies im vergangenen Monat. Fünf Tage lang wurde alles, was verfügbar war, gegen die 400 Millionen Dollar teure IT-Anlage eingesetzt: Hacker versuchten einzudringen, interne "Dissidenten" probierten alle möglichen Passwörter aus, hinzu kamen stündlich neue Probleme wie Stromausfälle, Bombendrohungen, abgesagte Veranstaltungen, abgestürzte Server oder dringende Neuprogrammierungen.

Stromausfall
Und dann kam auch noch ein echtes Problem hinzu, der schlimmste Stromausfall in Griechenland seit Jahrzehnten, der Athen und große Teile Südgriechenlands stundenlang lahm legte. Atos musste die Rechner herunterfahren, weil Generatoren und Hilfsstromaggregate noch nicht auf "Spieleniveau" waren, wie Philipps sagt. Zu den Konsequenzen wollte er sich nicht äußern: "Lassen sie es mich so sagen, es gibt nicht mehr viel, was uns jetzt noch überraschen kann."

Improvisationskünstler
Das ist auch das allgemeine Gefühl der an den Olympischen Spielen Beteiligten. Praktisch alles muss improvisiert werden. Das Ergebnissystem musste getestet werden, während noch am Dach des Stadions gearbeitet wurde. "Das ist an jedem Olympiaort anders", gibt sich Philipps gelassen, dessen Firma auch für die Spiele 2008 in Peking zuständig ist. "Wir müssen uns der Landeskultur anpassen."

Wenige Angriffspunkte
Die Hackerkultur aber ist global. Das olympische IT-System sei weitgehend geschlossen, es gebe nur wenige Zugänge von außen, erklärt Philipps. "Das vermindert unsere Angreifbarkeit. Aber irgendwer wird es sicherlich versuchen, da bin ich mir sicher." Größer sind da wohl die internen Sicherheitsrisiken. Ein verärgerten Mitarbeiter oder jemand, der dafür bezahlt werde, das System zu stören.

Trojaner könnte schon im System sein
Bisher blieben die Olympischen Spiele zwar von größeren Störungen im IT-Bereich - sei es durch Hacker oder Viren - verschont, das muss aber nicht so bleiben. In der Hacker-Szene werde schon darüber gesprochen, dass man in den Krieg ziehen wolle, sagt Peter Tippett von der US-Firma TruSecure. "Wir haben diese Sprüche schon früher gehört, bisher wurde aber nie etwas daraus." Aber vielleicht ist der Schaden ja auch schon angerichtet, nur dass es noch keiner gemerkt hat. Ein Trojaner, ein Programm, das nur darauf wartet, zu einer bestimmten Zeit aktiviert zu werden, könnte schon im System sein.

Olympia rechnet mit Hackern
Computerexperten schätzen, dass es täglich weltweit 1.500 erfolgreiche Hackerangriffe gibt. "Man kann darauf wetten, dass einige von ihnen es auch bei Olympia probieren werden", sagt Tippett. "Es ist einfach zu groß, als dass man es übersehen könnte." (apa/red)