Stadt Wien im Open Source-Fieber: Ab 2005 laufen die PCs teilweise unter Linux

Wien stellt seine Computersysteme auf Linux um. Ab dem 2. Quartal 2005 sollen die Mitarbeiter (bzw. deren Abteilungsleiter) entscheiden, ob auf rund 7.500 der 16.000 Computerarbeitsplätze das alternative Betriebssystem Linux installiert wird.

Damit stellt ein Jahr nach München nun auch Wien auf Linux um - wenn auch im geringeren Umfang. Die Münchener haben alle ihre PC auf Linux geändert, da sie ihre ganze Hardware umgerüstet haben, was in Wien nicht notwendig sei, so der IT-Chef der Bundeshauptstadt, Erwin Gillich. Deshalb habe man sich für eine "sanfte Migration" entschieden, was auch die Umschulungskosten ganz erheblich reduzieren soll. Er geht davon aus, dass Linux am Anfang von jenen Mitarbeitern genutzt wird, die ohnehin gute PC-Kentnisse haben.

Anschaffungskosten von 100.000 Euro
Eimalig sind Open Source-Ausgaben von rund 100.000 Euro geplant, die Betriebskosten sollen sich in den nächsten fünf Jahren auf 1,1 Mio. Euro belaufen. Für die Microsoft-Produkte fallen keine neuen Kosten mehr an, da dafür die Lizenzgebühren bereits bezahlt wurden. Bei offener Software fallen diese weg.

Keine Bedienungsnachteile
Bedienungsnachteile kann Gillich seit einem Jahr bei Open Office und Linux nicht mehr entdecken. Sicherheitsbedenken gebe es schon gar nicht, immerhin würden sicherheitsrelevante Anwendnungen der Stadt Wien bereits seit Jahren auf Open Source-Software basieren.

2006 folgt die Evaluierung
2006 soll es in Wien eine Evaluierung der Maßnahmen bis dahin geben. Dann werde sich entscheiden, wie weiter vorgegangen werde, so Gillich. Wie viele Linux-User es bis dahin gebe, könne er heute noch nicht sagen. Dass Open Source genutzt wird, glaubt er aus zwei Gründen: Erstens hätten die Abteilungsleiter ein Interesse weniger für die Lizenznutzung aus dem Abteilungsbudget zu zahlen und zweitens würden schon jetzt viele Menschen privat Linux nutzen.

Broukal fordert Open Source auf Bundesebene
Der wesentliche Vorteil von Open Source sei aber nicht die Ersparnis der Lizenzabgaben, sondern die Möglichkeit der freien Programmierung dieser Software, was den Wirtschaftsstandort erheblich aufwerten würde, so SP-Wissenschaftsprecher Josef Broukal. Es müsse das Ziel sein, weniger abhängig von US-Software zu werden. Und wenn man schon Lizenzen zahle, dann nicht in die USA, sondern nach Europa, betonte er. Broukal sieht die Bundesregierung gefordert, Open Source auch auf Bundesebene zu implementieren. Er wirft Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) vor, hier säumig zu sein.

Microsoft verliert Kunden
Das Arbeitsplatzargument kann Microsoft Österreich nicht nachvollziehen. Kein Mensch habe ein Interesse am Quellcode zu basteln, wie dies bei Linux möglich sei, so Microsoft-Sprecher Thomas Lutz. Man dürfe nicht vergessen, dass 30 Prozent aller offenen Software weltweit auf Windows laufe. Er begrüße aber, "dass die Stadt Wien die freien Kräfte des Marktes ohne ideologische Scheuklappen betrachte". (apa/red)