Schnüffelsoftware im Kanzleramt? SPÖ vermutet Überwachung der Mitarbeiter

Die SPÖ ruft wegen angeblicher "Schnüffelsoftware" im Bundeskanzleramt den Datenschutzrat an. SP-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier vermutet, dass das Bundeskanzleramt die Spionagesoftware der deutschen Firma Protectcom einsetzt, um seine Mitarbeiter zu überwachen. Das Bundeskanzleramt dementiert. Die SPÖ hat eine entsprechende Anfrageserie an alle Ministerien gestartet. Am 21. Juli wird sich der Datenschutzrat mit der Causa befassen.

Maier beruft sich auf einen Bericht der deutschen "Computerwoche", in dem Protectcom das österreichische Bundeskanzleramt als Referenzkunden für seine Software mit dem sinnigen Namen "Orvell" nennt. "Informanten zufolge soll derartige Schnüffelsoftware auch in anderen Ministerien eingesetzt werden; immer öfter wird dabei das Finanz-, Innen- und Verteidigungsministerium genannt", so Maier.

Bundeskanlzleramt dementiert
Das Bundeskanzleramt hat am Donnerstag neuerlich dementiert, seine Mitarbeiter per Spionagesoftware zu überwachen. Zwar habe man 2002 "eine Hand voll" Disketten der deutschen Firma Protectcom angekauft, bestätigte der Leiter der Präsidialsektion im Kanzleramt, Manfred Matzka, gegenüber der APA. Damals sei es darum gegangen, die Sicherheits- und Helpdesk-Funktionen des Programms zu testen. Das Produkt sei aber nie zum Einsatz gelangt.

Laut Matzka hat sich beim Test herausgestellt, dass das Programm die gewünschten Funktionen nicht erfüllt habe. "Es wurde nicht eingesetzt und dann relativ zeitnah vernichtet", so Matzka. Seinen Angaben zufolge ist das kein ungewöhnlicher Vorgang. "Das Bundeskanzleramt hat eine riesige EDV. Jeder, der eine riesige EDV betreibt, schaut, was es am Markt gibt. So auch in diesem Fall."

"Aus dem Umstand, dass man Kunde ist und Disketten bestellt, kann man nicht schließen, dass man Produkte dieser Firma einsetzt - was wir auch nicht taten und auch jetzt nicht tun", versichert Matzka. Warum das Bundeskanzleramt von Protectcom als Referenzkunde geführt wird, könne er nicht mehr genau rekonstruieren, betont Matzka. Großen Schriftverkehr habe es diesbezüglich offenbar nicht gegeben.

Protectcom: Kanzleramt besitzt Lizenzen
Die Firma Protectcom bestätigte, dass das Bundeskanzleramt Lizenzen für eine Spionagesoftware erworben hat. Es handle sich dabei zwar nicht um "Orwell", aber um ein ähnliches Produkt. (apa/red)