IBM verkauft seine Computersparte: PC-Pionier von Chinas Lenovo geschluckt

Der Pionier der Computerindustrie, IBM, will aus dem Geschäft mit Personal Computern (PC) aussteigen und diese Sparte für 1,25 Mrd. Dollar (940 Mio. Euro) an die Lenovo-Gruppe verkaufen. Außerdem sollen die Chinesen Schulden für 500 Mio. Dollar übernehmen.

Die außerhalb Chinas bisher kaum bekannte Lenovo steigt damit nicht nur zum drittgrößten PC-Anbieter weltweit auf, sondern erwirbt auch eine Marke, die nach Erhebungen von BusinessWeek/Interbrand weltweit auf Platz Drei rangiert: Die künftig von Lenovo hergestellten PC werden noch bis zu fünf Jahre das IBM-Logo tragen, bevor auf die Marke Lenovo umgestellt wird. "Unser festes Ziel war es, ein wahrhaft internationales Unternehmen zu schaffen" sagte Lenovo-Chairman Chuanzhi Liu.

Die Ausgliederung passt aber in die Strategie des seit 2002 amtierenden IBM-Chefs Samuel Palmisano, der die Computergruppe auf die rentabelsten Geschäftsbereiche rund um Firmen und Unternehmenslösungen konzentrieren will. Palmisano erklärte: "Die heutige Ankündigung stärkt IBMs Konzentration auf Unternehmen, während ein neues globales Geschäft entsteht, das besser positioniert ist, um die sich in der PC-Industrie bietenden Gelegenheiten zu nutzen."

Auf dem Papier eröffne das Geschäft beiden Unternehmen einen Weg zu den angestrebten Zielen, äußerte sich Gartner-Analyst Martin Gilliland ähnlich wie andere Experten. "Jetzt kommt es auf die Umsetzung an." Er ergänzte: "IBM kommt dabei ziemlich gut weg, weil das Ziel war, aus dem PC-Geschäft auszusteigen, da damit kein Geld verdient wird. Nun muss Lenovo es zum Erfolg führen." Gleichzeitig vereinbarten IBM und Lenovo eine breite Allianz. IBM wird PC von Lenovo beziehen. Die IBM-Sparte Global Services wird im Gegenzug zum bevorzugten technischen Dienstleister für Lenovo und soll auch weiterhin Kundenfinanzierungen anbieten.

Lenovo wird nach Daten von Gartner, der Analysen für die IT-Branche anbietet, mit seinem bisherigen Marktanteil von 2,2 Prozent und dem IBM-Anteil von 5,5 Prozent um fünf Ränge zum drittgrößten PC-Anbieter weltweit. Das kombinierte PC-Geschäft hätte im vergangenen Jahr Umsätze von 12 Mrd. Dollar eingebracht. Weltmarktführer ist die US-Firma Dell mit einem Anteil von 16,7 Prozent, gefolgt von Hewlett-Packard mit 15 Prozent. Den dritten Rang nimmt zurzeit IBM ein.

Nach 13-monatigen Verhandlungen vereinbarten beide Unternehmen, dass Lenovo 650 Mio. Dollar in bar und 600 Mio. Dollar in Aktien bezahlt. Gleichzeitig sollen die Chinesen IBM-Schulden für 500 Mio. Dollar übernehmen. Lenovo wird die IBM-Produkte der Marke "Think" übernehmen sowie den IBM-Anteil aus einem Joint-Venture mit seinem Rivalen Great Wall Technology herauskaufen. Die rund 10.000 IBM-Mitarbeiter - 4.000 davon arbeiten schon jetzt in China - im PC-Segment sollen künftig für Lenovo arbeiten. Insgesamt wird das neue Unternehmen 19.000 Mitarbeiter zählen. Produziert wird in Peking und in Raleigh in North Carolina.

Der Kaufpreis sei etwas niedriger als er erwartet hätte, sagte Analyst Marty Shagrin von Victory Capital Management. "Aber sich einen Kopf um den Preis zu machen verachtet die Tatsache, dass IBM schon seit langer Zeit eher zu einem Dienstleister und Softwareunternehmen werden wollte."

Die Transaktion, die im zweiten Quartal 2005 abgeschlossen werden soll, werde IBM einen Vorsteuergewinn zwischen 900 Mio. und 1,2 Mrd. Dollar einbringen, prognostizierte IBM-Finanzchef Mark Loughridge. Damit könne das Unternehmen seine Bruttogewinnspanne um drei Prozentpunkte erhöhen. IBM wird nach der Transaktion einen Anteil von 18,9 Prozent an Lenovo besitzen, das die derzeit in Peking angesiedelte PC-Sparte nach New York transferieren und dort möglicherweise Aktien an die NYSE oder die Nasdaq bringen wird. Stephen Ward, zurzeit Vize-Präsident von IBM, soll Chef (CEO) von Lenovo werden. Lenovos derzeitiger Vize-Chairman Yuanqing Yang soll nach Abschluss der Transaktion zum Chairman aufsteigen.
(apa/red)