HP-Chefin Fiorina wirft das Handtuch: Drei Jahre nach der Fusion mit Compaq geht sie

HP-Chefin Carly Fiorina hat überraschend das Handtuch geworfen. Drei Jahre nach der Fusion mit dem Konkurrenten Compaq ist die Chefin des Computer- und Druckerherstellers Hewlett-Packard zurückgetreten. Fiorina sei mit sofortiger Wirkung als Konzernchefin und Vorsitzende des Verwaltungsrates zurückgetreten, teilte der Konzern im kalifornischen Palo Alto mit.

Fiorina selbst wurde mit den Worten zitiert, sie bedauere die Differenzen zwischen ihr und dem Vorstand über die Umsetzung der Strategie von HP. Die 50-jährige Managerin, die seit Juli 1999 an der Spitze des Branchenriesen stand, war die einzige Frau, die eines der 30 US-Spitzenunternehmen im Dow Jones führte.

Finanzvorstand Wayman folgt interimistisch nach
Fiorinas Aufgaben nimmt nun vorübergehend Finanzvorstand Robert Wayman wahr, bis ein neuer Konzernchef gefunden ist, wie HP erklärte. Fiorina sei mit einer strategischen Vision zu HP gekommen und habe einen Plan umgesetzt, der es dem Unternehmen ermöglicht habe, wettbewerbsfähig zu sein, erklärte Patricia Dunn, die nichtgeschäftsführende Vorsitzende des Verwaltungsrates. "Wir danken Carly für ihre bedeutende Führungskraft über die vergangenen sechs Jahre und freuen uns darauf, die Umsetzung der Firmenstrategie beschleunigen zu können." Fiorina selbst erklärte, HP sei weiter eine großartige Firma. "Ich wünsche allen Leuten bei HP viel Erfolg für die Zukunft."

Kurssprung an der Börse
An der Börse führte der Rücktritt zu einem Kurssprung. Zum Handelsauftakt in New York (15.30 MEZ) legte die Aktie um rund zehn Prozent auf 22,17 Dollar (17,37 Euro) zu. Darin spiegelte sich schon seit Monaten anhaltende Kritik von den Finanzmärkten wider, wo die von ihr ins Werk geleitete Megafusion mit Compaq zunehmend kritisch gesehen wurde. Auch nach Jahren konnte der Zusammenschluss HP nicht dauerhaft zu einer ernsthaften Gefahr für den Konkurrenten Dell und dessen Niedrigpreisstrategie machen. Der Computerbauer wies aus Sicht der Börse im Vergleich zur Konkurrenz nur schwache Gewinne vor.

Angriffsfläche für Kritiker
Dies hatte Fiorina auch in der HP-Führung angreifbar gemacht. Kritiker der Fusion konnten ihr vorwerfen, dass HP mit der Übernahme des PC-Herstellers Compaq den Wert seines lukrativen Druckergeschäftes verwässert habe. Dieses trug im Geschäftsjahr 2003/2004 zu drei Vierteln zum operativen Ergebnis des Konzerns bei, während die PC-Sparte schwächelte.

Andauernde Streitereien
Streitigkeiten über den Kurs in den vergangnen Monaten waren immer deutlicher zu Tage getreten. Anfang Dezember hatte Fiorina selbst eingeräumt, dass der Verwaltungsrat mehrfach darüber diskutiert habe, den Konzern wieder in mehrere Einzelteile aufzuspalten. Die Fusion mit Compaq war von HP 2001 angekündigt worden und ist mit einem Wert von rund 20 Mrd. Dollar noch immer eine der größten der US-High-Tech-Industrie.

Fiorina studierte Geschichte und Philosophie
Fiorina hatte vor ihrem Job bei HP bei Lucent Technologies und dem Telefonriesen AT&T gearbeitet. Die 1954 in Texas geborene Tochter eines Juristen hatte einige Anläufe genommen, bevor sie Managerin wurde. Sie studierte zunächst Geschichte und Philosophie in Stanford. Ein später begonnenes Jurastudium brach sie wieder ab. Sie jobbte daraufhin als Englischlehrerin in Italien und als Telefonistin bei einem Börsenunternehmen, was ihre Begeisterung für die Unternehmenswelt weckte. Danach machte sie erfolgreich Abschlüsse in Marketing und in Ingenieurswissenschaften und fing bei AT&T an. (apa/red)

Info-Link:
www.hp.com