EU-Richtline für Softwarepatente: Polen schwenkt um und blockiert das Gesetz

Die im Grundsatz bereits beschlossene Einigung der EU-Staaten zur Patentierbarkeit von Software ist nach einem Schwenk der polnischen Regierung wieder fraglich. Die Regierung in Warschau begründete ihre Haltungsänderung mit "mehreren Unklarheiten und Widersprüchen" in dem im Mai von EU-Wettbewerbsrat beschlossenen Text. Gegner des Richtlinienentwurfs wie die Grünen im Europäischen Parlament begrüßten am Donnerstag die polnische Haltungsänderung. Auf Österreich, das sich bei der Abstimmung im Ministerrat im Mai enthalten hat, dürfte nun der Druck steigen, dem Paket zuzustimmen.

"Wir sind froh, dass Polens Ablehnung die Tür zur Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten öffnet und es somit auch eine neue Chance gibt, die bisher ignorierten Verbesserungsvorschläge des Europäischen Parlaments mit einfließen zu lassen", erklärte die grüne österreichische Europaabgeordnete Eva Lichtenberger, Mitglied des Rechtsausschusses im EU-Parlament. Die Regierung in Warschau habe ihre Haltung nach umfassenden Beratungen mit Experten geändert, darunter von den Computer- und Software-Konzernen Sun Microsystems, Novell, Hewlett-Packard und Microsoft. Diese seien zu dem Schluss gekommen, dass der gegenwärtige Vorschlag der Mitgliedstaaten "potenziell jegliche Software patentierbar macht", betonte Lichtenberger.

Mit der Software-Richtlinie sollte die bisherige Spruchpraxis des Europäischen Patentamtes in der gesamten EU rückwirkend legalisiert werden. In den USA werden sogar in Software umgesetzte Ideen patentiert. So war dem Onlinehändler Amazon ein umstrittenes "One-Click"-Patent darauf erteilt worden, dass man auf seiner Website eine Bestellung mit einem einzigen Mausklick ausführen kann. Kritiker des Entwurfs befürchten eine Benachteiligung freier Software-Entwickler zu Lasten internationaler Konzerne, da viele Klein- und Mittelbetriebe gar nicht in der Lage seien, sich Lizenzgebühren und Anwaltskosten zu leisten. Die EU-Kommission betont, dass Geschäftsmethoden oder Computerprogramme, die keine tatsächlichen technischen Neuerungen bieten, auch künftig nicht patentierbar sind.

Erneute Zustimmung
Im Mai hatte nur Spanien gegen den Richtlinien-Entwurf gestimmt, Österreich, Belgien und Italien enthielten sich der Stimme. Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach (F) begründete die Stimmenthaltung damit, dass er sicherstellen wollte, "dass die Auswirkungen der Richtlinie auf die Klein- und Mittelbetriebe sowie auf die Open-Source-Bewegung genau beobachtet werden".

Die amtierende niederländische EU-Ratspräsidentschaft hält nach Angaben von EU-Diplomaten in Brüssel an dem vorliegenden Kompromisstext fest und will nach dem polnischen Nein versuchen, diese Länder umzustimmen. Das Thema dürfte voraussichtlich auf die Tagesordnung des nächsten EU-Wettbewerbsrats am 25. und 26. November kommen. Das Europaparlament, das bereits 21. Änderungen in den vorliegenden Kompromiss durchgesetzt hat, muss der Position der EU-Staaten dann erneut zustimmen. (apa)