Der Rattenfänger aus Cupertino spielt auf:
Warum das iPad ein Erfolg werden könnte

Wissen Sie schon, dass Sie einen Tablet-Computer brauchen? Nein? Aber Steve Jobs weiß es. Nach monatelangem Rätselraten, welches "i" in den Laboren von Cupertino wohl ausgebrütet werden könnte, stellte der Apple-Chef höchstpersönlich das "magische und revolutionäre" iPad vor. Was sich anhört wie ein Hygieneartikel des 21. Jahrhunderts ist nüchtern betrachtet nichts anderes als ein aufgeblasenes iPhone. Trotzdem oder eigentlich gerade deshalb ist der Erfolg vorprogrammiert.

Nach der offiziellen Präsentation des iPads konnte der Technologie-Index NASDAQ an der Börse gleich einen Anstieg verzeichnen. Ein Indikator für einen künftigen Triumphzug? Nicht zwingend. Vielmehr sind es drei andere Gründe, weshalb das Gadget ein neuer Kassenschlager für Apple werden könnte.

1. iPhone als Wegbereiter
Das iPhone hat einen Hype ausgelöst, wie es bei einem anderen Handy de facto noch nie der Fall war. Und genau deshalb ist es ein genialer Schachzug, das iPad vom Design her in dessen Fahrwasser schwimmen zu lassen. Über 25 Millionen weltweit verkaufte Apple-Smartphones bedeuten, dass genauso viele User in der Lage sind, sich von Beginn an auch auf dem iPad zuhause zu fühlen. Zudem ist die Mundpropaganda denkbar einfach: "Hast du schon vom neuen iPad gehört? Nein? Ist wie ein großes iPhone, mit dem man auch Bücher lesen kann". So zügig und simpel wie die Bedienung des besagten Handys.

2. Breite Unterstützung von Unternehmen
Neben den Providern, die sich darum reißen werden, das internet-abhängige Gadget in einem (für sie) attraktiven Bundle an den Mann zu bringen, kann Apple auch mit der Unterstützung der mächtigen Zeitungsbranche rechnen. Nach verpassten Chancen im Web keimt bei ihr nämlich Hoffnung auf, die Schäfchen in Form von Bezahlinhalten (elektronische Zeitungen oder Zeitschriften) auch im 21. Jahrhundert gänzlich ins Trockene bringen zu können. Selbst wenn - ähnlich wie bei der Musikindustrie - die Gefahr besteht, preispolitisch vom Apfel-Imperium geknebelt zu werden, ist die Aussicht auf den rollenden Rubel nur zu motivierend.

3. Apple-Fanatismus
Nicht zuletzt sind die klassischen iFreaks anzuführen, die am ersten Verkaufstag die Läden stürmen und am besten gleich zwei iPads kaufen. Dass sie in den letzten Jahren rasant Verstärkung erhalten haben, ist kein Wunder: Es ist für manche Leute einfach zu schwer, der fast schon sektenhaften Ausstrahlung des Apple-Marketings zu widerstehen. Man braucht sich nur das aktuelle iPad-Video auf der Homepage von Apple anzusehen. Gebetsmühlenartig wird unisono von zauberhaften Dingen geredet, die man nicht versteht, aber bewundert. Mit glasigen Augen schwärmen Apple-Mitarbeiter von einem Gadget, als wäre ihnen der Messias erschienen. Wer will da nicht dieser Kirche beitreten? Und für den "Kirchenbeitrag" erhält man auch noch Unterhaltungselektronik!

Am schönsten wäre es für das tech-affine Gemüt natürlich, wenn das Gerät an sich so innovativ und überzeugend ist, dass man es einfach haben muss. Aber das wird sich erst dann zeigen, wenn man das iPad einmal selbst in Händen gehalten und ausführlich ausprobiert hat. Bis dahin kann man lediglich der berauschenden Melodie des Rattenfängers aus Cupertino lauschen. (bb)