Demokraten sind skeptisch: Misstrauen gegenüber Touch-Screen-Wahlmaschinen

Die Präsidentenwahl in den USA wird möglicherweise ein ebenso spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen wie vor vier Jahren. Damals musste der Sieg zwischen George W. Bush und seinem demokratischen Herausforderer Al Gore durch eine Nachzählung im US-Staat Florida ermittelt werden.

Das Drama könnte sich in diesem Jahr wiederholen, und womöglich mit noch undurchsichtigeren Prozeduren. Der Grund: In 15 Bezirken Floridas wurden elektronische Wahlmaschinen mit berührungsempfindlichen Bildschirmen, so genannten Touch-Screens, eingeführt, die ohne Papier auskommen. Kritik regt sich nicht nur daran, dass der ungewohnte Modus der Stimmabgabe Schwierigkeiten mit sich bringen könnte. Erhebliche Zweifel äußern Computerexperten auch daran, ob eine akkurate Nachzählung der so abgegebenen Stimmen überhaupt möglich ist.

"System hat uns betrogen
Vor allem bei den Demokraten um Bush-Herausforderer John Kerry ist das Misstrauen groß. "Beim letzten Mal war ich wütend", sagt der 27-jährige François Jean in Miami. "Diesmal wäre der Ärger vierfach so groß. Das System, dem wir vertrauen sollten, hat uns betrogen. Als hätten wir gar nicht abgestimmt. Als wären wir Aliens, die nicht zählen."

Zorn würde wachsen
Politikwissenschaftler David Niven von der Atlantic University rechnet im Fall abermaliger technischer Probleme und juristischer Streitereien mit Massendemonstrationen. "Ich weiß nicht, ob es zu Ausschreitungen kommen könnte, ob die Menschen mit Mistgabeln und Fackeln auf die Straßen liefen, immerhin sind viele 75 Jahre und älter. Aber der Zorn würde gegenüber 2000 um ein Vielfaches wachsen."

Falsche Wahrnehmung
Diesmal würde wohl nicht um "schwangeres" oder "gekräuseltes Konfetti" gestritten, wie die nicht zweifelsfrei durchstanzten Stimmzettel vor vier Jahren genannt wurden. Stattdessen würden vermutlich diejenigen den Zorn zu spüren bekommen, die für die Einführung der Touch-Screen-Wahl verantwortlich sind. Computerexperten kritisieren, die elektronischen Wahlmaschinen könnten die Wählerintentionen falsch wahrnehmen oder Stimmen nicht registrieren. Und ohne Papierkopien würden die Wähler nie erfahren, ob ihre Stimme auch wirklich gezählt wurde.

Skepsis gegenüber E-Voting
Besonders stark sind die Vorbehalte gegen die elektronische Wahl, das E-Voting, in der schwarzen Bevölkerung. Kein Wunder, wurde sie doch in der Vergangenheit mit überproportional vielen Wahlproblemen konfrontiert. Etwa durch Listen von nicht zur Wahl zugelassenen Verurteilten, auf denen auch die Namen unbescholtener Bürger standen. Oder durch Wahllokale, die weit von schwarzen Wohngegenden entfernt lagen. "Die Republikaner haben versucht, uns zu entrechten", klagt die Demokratin Addie Greene aus Palm Beach, die eine Kampagne gegen die neuen Maschinen führt.

Verlässlichkeit von Stanzmaschinen
Gouverneur Jeb Bush beteuert, die Touch-Screen-Geräte seien ebenso verlässlich wie herkömmliche Stanzmaschinen. Den Kritikern des E-Voting unterstellte er, sie seien Anhänger von Verschwörungstheorien und hätten den gesunden Menschenverstand verloren. Die Bürgerrechtsbewegung ACLU und andere Nichtregierungsorganisationen verklagten den Staat allerdings mit dem Ziel, die Richtlinien für Nachzählungen zu verbessern.

Misstrauen bleibt
Der Klage wurde am 15. Oktober stattgegeben. Daraufhin musste eine neue Software installiert werden, mit der die korrekte Registrierung der Touch-Screen-Stimmen überprüfbar werden soll. Das Misstrauen ist dennoch bei vielen Einwohnern Floridas geblieben. Ganz ohne Streit verläuft die Wahl vermutlich nur, wenn einer der Kandidaten eine deutliche Mehrheit bekommt und das Ergebnis nicht wieder von wenigen Stimmen abhängt. (apa/red)