Debatte um Software-Patente: Die neue Richtlinie könnte noch gekippt werden

Die umstrittene Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, auch bekannt als Software-Patente, könnte bei der Abstimmung am Mittwoch gänzlich gekippt werden. Diese Einschätzung gaben EU-Abgeordnete von ÖVP und SPÖ ab, nachdem über die so genannten Software-Patente am Dienstag im Plenum debattiert worden war.

Der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas rechnete damit, dass das Gesetzesvorhaben bei der Abstimmung wegen der zahlreichen Uneinigkeiten überhaupt fallen könnte, um nicht mit einem schwachen Kompromiss dazustehen: "Es gibt in den Fraktionen eine Entwicklung, die heißt, es wird morgen der gesamte gemeinsame Standpunkt abgelehnt", meinte er. Seine SPÖ-Kollegin Maria Berger beurteilte dies ähnlich. Sie verglich die Situation mit einem "Pokerspiel", wo jeder die Chancen seiner eigenen Abänderungsanträge abwäge und danach für oder gegen die Richtlinie stimme. Ihre Fraktion wollte sich am Abend auf eine Vorgehensweise einigen.

Die grüne EU-Parlamentarierin Eva Lichtenberger beurteilte das Ergebnis der Entwicklungnoch offen. Sie wolle jedoch auch für ein Kippen des Gesetzesvorhabens stimmen, wenn sich dafür eine Mehrheit abzeichnen sollte, wie sie sagte.

Kritiker sehen Graubereiche
"Niemand will, dass Software patentiert werden kann", sagte Berichterstatter Michel Rocard zu Beginn der Debatte. Die Richtlinie sieht vor, dass Computerprogramme nur in Zusammenhang mit technischen Funktionen patentiert werden dürfen. Kritiker der Richtlinie sehen aber Graubereiche, mit denen eine Patentierung von reiner Software ebenfalls möglich wäre.

"Es gibt Grenzen der Gesetzgebung, an die wir hier stoßen", räumte Berger in ihrer Wortmeldung im Plenum ein. Prinzipiell stelle sich in der Erstellung der Richtlinie die Frage, ob es Spielräume auf Kosten der Rechtssicherheit gebe oder ob durch zu strenge Regeln die Innovation behindert werde, sagte die SP-Abgeordnete.

Hintertüren
Lichtenberger, die in der Richtlinie zahlreiche "Hintertüren" sieht, betonte erneut, dass eine Patentierung von Software für die kleinen und mittleren Programmiererfirmen zu teuer käme: "Es kann nicht sein, dass jeder Klein- und Mittelbetrieb dazu verdammt ist, einen Patentanwalt zu nehmen."

Karas plädierte dafür, statt der "sektoralen" Regelung für Software ein Gesetz für ein EU-weit gültiges Patentrecht zu schaffen, ein Vorhaben, dass jedoch seit längerem blockiert ist. Am Mittwoch soll über die Richtlinie in zweiter Lesung abgestimmt werden. Sollte keine Mehrheit für das Gesetz zu Stande kommen, müsste das Vorhaben von Grund auf neu gestartet werden, oder könnte unter bestimmten Voraussetzungen an den zuständigen Ausschuss des Parlaments zurückverwiesen werden. (apa/red)