Ich war Offizier der Sternenflotte

Ich war Offizier der Sternenflotte

Ubisoft versetzt Star Trek Fans auf die Brücke eines Sternenflotten-Raumschiffs. Auf der Gamescom in Köln konnte ich das VR-Game „Star Trek Bridge Crew“ schon vorab anspielen. Davon habe ich schon geträumt, da wussten die Entwickler vermutlich noch gar nichts von ihrer Idee.

Ich muss kurz ausholen. Es ist gute zwei bis drei Jahre her. Die Branche begann (nach vielen Jahren endlich wieder) von VR-Headsets zu fabulieren und einer meiner ersten Gedanken war: Wie genial wäre es, in VR gemeinsam mit anderen Spielern die Enterprise zu pilotieren? Jeder Spieler würde eine Station auf der Brücke besetzen. Waffenoffizier, Steuermann, Captain… Leider, dachte ich, wird das niemand umsetzen. Viel zu sehr Nische, viel zu riskant, viel zu verrückt.

Ubisoft war so verrückt, aus ziemlich genau dieser Idee ein Spiel zu stricken. Kudos! „Star Trek Bridge Crew“ kommt noch heuer für HTC Vive, Oculus Rift und PlayStation VR.

Auf der Gamescom in Köln ist „Star Trek Bridge Crew“ dann auch meine erste Anlaufstelle. Zusammen mit einem spanischen Journalistenkollegen beame ich mich an Bord der U.S.S. Aegis. VR-Brille Oculus Rift auf, Touch-Controller in beide Hände, los geht‘s. Mangels genügend Mitspielern übernehmen die Entwickler die Rollen des Captains und des Ingenieurs. Der spanische Kollege macht den Waffenoffizier, ich gebe den Steuermann.

Beam me up!

Mehrere Jahre Sternenflottenakademie? Brauche ich als alte Star Trek Fan nicht, zumal ein rund halbminütiges Video sowieso die Bedienung der jeweiligen Station erklärt. Durch die VR-Brille kann ich mich auf der Brücke frei umsehen. Ich sehe die Mitspieler virtuell an ihren Konsolen. Ich sehe auch „meine“ Hände, die von den Touch-Controllern exakt getrackt werden. Für mich ist es das erste Mal mit Oculus Touch. Ich muss ziemlich dumm aussehen, wie ich die Hände vor mein Gesicht halte, sie drehe, total fasziniert in der Luft herum fuchtle und mich wundere, wie schnell, fast 1:1, die realen Bewegungen in der virtuellen Welt umgesetzt werden.

Fun Fact am Rande: Ich habe heute keinerlei Erinnerung daran, Controller in Händen gehalten zu haben. In meiner Erinnerung habe ich mit dem Zeigefinger am Touchpad herumgetippt und meine linke Hand hat den Warp-Hebel umschlossen und nach vorne geschoben. Die Touch Controller leisten tolle Arbeit und machen die Illusion in VR perfekt.

Yes, Captain!

Die Worte des Captains machen dem Rumspielen ein Ende. Kurs setzen zum Missionsziel? Yes, Sir! Jetzt noch mit der linken Hand den Warp-Hebel greifen und nach vorne schieben. Wuuuusch, schon zieht unser Schiff davon.

Im Zielsystem angekommen, zeigen sich am großen Bildschirm der Brücke die Nachwehen einer Raumschlacht. Trümmer treiben herum. Ich versuche unser Schiff um sie herum zu manövrieren. Ansonsten kann ich mich zurücklehnen, jetzt ist der Ingenieur dran. Er scannt die Rettungskapseln nach Überlebenden und beamt sie an Bord.

Klar, dass wir dabei nicht ungestört bleiben. Ein klingonisches Schiff taucht auf und eröffnet das Feuer. Jetzt schlägt die Stunde des Waffenoffiziers, der das Feuer erwidert. Ich versuche, den Feind vor uns zu halten, um dem Kollegen das Zielen zu erleichtern. Gelingt mir nicht wirklich, ist aber auch egal, weil kurze Zeit später hinter uns ein zweites feindliches Schiff auftaucht. Schöne Bescherung. Während die Steuerbordschilde versagen, endlich das erlösende Kommando des Captains. Alle Überlebenden sind an Bord. „Fluchtkurs setzen, Warp!“ Nichts lieber als das. Den Kurs hatte ich in vorauseilendem Gehorsam schon gesetzt und habe eigentlich nur mehr darauf gewartet, den Warp-Hebel nach vorne schieben zu dürfen. Wuuuusch! Wir sind in Sicherheit, die Demo-Mission ist geschafft.

Nur ungern setze ich die VR-Brille ab. Das hat einfach viel zu viel Spaß gemacht. Einmal Offizier auf einem Sternenflottenschiff sein – Kindheitsträume wurden wahr. Ob „Star Trek Bridge Crew“ ein kommerzieller Erfolg wird, da bin ich mir trotzdem unsicher. Verrückt ist die Idee nach wie vor. Um das Spiel wirklich genießen zu können, braucht es ein eingespieltes Team. Finden Sie mal drei Freunde, die ebenfalls ein (derzeit ja noch teures) VR-Setup haben. Klar können Sie auch mit Zufallsbekanntschaften aus dem Netz spielen – aber erfahrungsgemäß ist das nur selten eine gute Idee.

I want to believe

Was mir größeres Kopfzerbrechen bereitet: Die Frage, ob Ubisoft ein Game, das für Nerds konzipiert ist, nicht zu sehr auf Casual Gameplay getrimmt hat. Als Steuermann hatte ich recht wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Gerne hätte ich das Schiff um die eigene Achse gedreht, um dem Gegner die noch intakte Seite der Schilde zuzuwenden. Geht aber nicht. Nur rauf, runter, links und rechts. Auch war es im Endeffekt egal, dass ich daran gescheitert bin, den Gegner vor uns zu halten. Die Phaser können nämlich auch nach hinten feuern.

Wieviel Laune „Star Trek Bridge Crew“ im „Echtbetrieb“ macht, wird sich noch zeigen müssen. Ich bin jedenfalls vorsichtig optimistisch und freue mich auf meinen nächsten Einsatz für die Sternenflotte.